Neger lügen gerne Von Ralf Sotscheck

Neger haben schlechtes Blut. So sieht es jedenfalls die irische Behörde für Bluttransfusionen. Nach ihren internen Richtlinien dürfen Menschen kein Blut spenden, wenn sie in den vorangegangenen zwölf Monaten „sexuellen Kontakt mit Personen hatten, die wiederum im vorangegangenen Jahr in Afrika sexuell aktiv waren“. Ausgenommen sind lediglich Marokko, Tunesien, Algerien, Libyen und Ägypten. Diese Länder gehören ja auch schon fast zu Europa. AfrikanerInnen werden in Irland generell nicht angezapft. Offenbar glauben die Beamten, daß Schwarze völlig zügellos und allesamt HIV-infiziert sind – selbst wenn sie angeben, im Zölibat zu leben. Neger lügen nämlich gern.

Wer „jemals als Prostituierte gearbeitet oder ein einziges Mal Drogen gespritzt“ hat, ist als Blutspender ebenfalls unerwünscht. Schwule und bisexuelle Männer kommen dafür schon gar nicht in Frage. „Ein Mann, der Sex mit einem anderen Mann hatte, darf kein Blut spenden, selbst wenn er ein Kondom benutzt hat“, heißt es in den Richtlinien.

Dieser Meinung ist freilich die Mehrheit der irischen Bevölkerung, die sogar noch einen Schritt weiter gehen würde: Mehr als ein Viertel der Befragten würden Homosexuellen die irische Staatsbürgerschaft aberkennen. Wer Aids hat, ist noch schlechter dran: Über ein Drittel würde sie zu Staatenlosen machen. Das ergab eine Umfrage des katholischen Pfarrers und Soziologen Micheál MacGréil, der rund 1.000 Menschen aushorchte. Die einheimischen Fahrenden, die dem internationalen Sinti-Verband angehören, stehen im Ansehen ein wenig höher als Homosexuelle. Nur ein Zehntel würde ihnen die Pässe wegnehmen, aber 75 Prozent wollen keinen Fahrenden als Nachbarn. Bereits vor einigen Jahren sind die Bewohner von Rahoon bei Galway im Westen der Grünen Insel mit Eisenstangen und Baseballschlägern gegen die Fahrenden vorgegangen, die sich mit ihren Wohnwagen auf einem extra dafür vorgesehenen Halteplatz niedergelassen hatten. Seitdem heißt das Vermöbeln von Minderheiten in Irland „Rahoonery“.

Der einzige Lichtblick von MacGréils Umfrage: Schwarzen gegenüber scheint die Bevölkerung toleranter als die Blutspendebehörde. Im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage von 1970 sei „der Rassismus viel weniger schlimm“, sagte MacGréil. Das liege vor allem an netten Negern wie Nelson Mandela, dem Fußballer Paul McGrath und Phil Lynott, dem verstorbenen Sänger von Thin Lizzy.

In den sechziger Jahren hatten Schwarze in Irland wenig zu lachen. Eine Bekannte erzählte, daß 1961 erstmals ein Schwarzer in der Dubliner Mobhi Road gesichtet wurde. Während er die Straße entlanglief, versammelten sich hinter jedem Wohnzimmerfenster die Großfamilien und staunten. Kinder konnten danach wochenlang nicht schlafen, sahen sie doch ihre Horrorvorstellungen vom schwarzen Mann bestätigt, mit dem man ihnen gedroht hatte. Rassismus ist nur deshalb kein Problem in Irland, weil es dort kaum Menschen mit anderer Hautfarbe gibt.

Dafür aber andere Minderheiten. Pfarrer MacGréil hätte die Frage stellen sollen, wer vom Blutspenden ausgeschlossen werden sollte. „Protestanten“, hätten die meisten wohl geantwortet. Das könnte ja ansteckend sein.