Brand muß schmunzeln

■ Der Handball-Bundestrainer will auf Premierensiegen über Island „aufbauen“

Ludwigshafen (taz) – Der Mann am Mikrophon ließ die angebrachte Vorsicht walten. Bloß nicht euphorisch werden, bloß nicht schon wieder von besseren Zeiten träumen. Nein, Vorschußlorbeeren sind gewiß nicht angebracht, nur weil sich im deutschen Männer-Handball wieder einmal ein Neuer versucht. „Wir sind gespannt, was die deutsche Handballnationalmannschaft auf die Beine stellen wird“, hat der Sprecher in der Ludwigshafener Friedrich-Ebert-Halle schließlich verkündet. Sonderlich optimistisch klang das nicht.

Heiner Brand (44), der Neue also, hat dann einen ziemlich entspannten Nachmittag verlebt. Mitte der zweiten Halbzeit, das will ein besonders aufmerksamer Reporterkollege beobachtet haben, soll Brand sogar gelacht haben. Man stelle sich nur vor: Der Bundestrainer lacht während eines Länderspiels!

Nach der Partie mußte Brand solcherlei freilich korrigieren. Nein, gelacht habe er nicht (was man sich gleich gedacht hatte), aber schmunzeln, schmunzeln habe er gegen Ende schon ein wenig müssen. Ein bißchen vor Freude wohl und ein bißchen auch wegen der Gewißheit, „daß ich bisher alles richtig gemacht habe“.

Denn wie er die von ihm neuformierte Mannschaft einschätzen sollte, das wußte der Nachfolger von Arno Ehret vorher selbst nicht. Der 32:24 (16:12)-Sieg in seinem ersten Länderspiel als Bundestrainer über die allerdings nicht in Bestbesetzung angetretenen Isländer gab ihm nun ein erstes Zeichen. „Wir haben“, hat Brand gesagt, „eine Leistung gesehen, auf die man aufbauen kann.“

Mehr kann nicht sein nach nur einer Woche gemeinsamen Trainings. Und soll es auch nicht, denn, das hat Brand zunächst am Samstag und dann auch am Sonntag, nach dem 25:22 ihm zweiten Spiel gegen Island in Rüsselsheim, mehrfach betont, sein Hauptaugenmerk gilt der mittelfristigen Planung. Die Jahre 1999/2000 hat er sich als erste Kontrollstation ausersehen. Das Personal hierfür gilt es freilich schon jetzt zu sondieren, in einer Bundesliga, in der die personellen Alternativen nicht reich gesät sind.

Jede Menge Spiele hat sich Brand deshalb in den vergangenen Wochen angesehen, jede Menge Gespräche geführt hat er. Um die rauszufiltrieren, die es seiner Ansicht nach wert sind, im DHB- Team spielen zu dürfen. Gefunden hat er Leute wie Daniel Stephan, Mike Bezdicek, den Düsseldorfer Zweitligaspieler Henning Siemens, oder den Debütanten Nils Lehmann.

Das System, das Brand spielen läßt, ist ein unkompliziertes: hinten kompakt mit einer 6-0-Deckung, nach vorne schnell über Tempogegenstöße. „Das sind die einfachsten Tore, aber auch die schönsten“, sagt Mike Bezdicek. Und, darauf kommt es an, die Sache läßt sich mit dem vorhandenen Spielermaterial spielen. Mindestens genauso wichtig ist Brand aber, „daß wir Leute haben, die mit Herz spielen, die sich mit der Nationalmannschaft identifizieren und sich in den Dienst der Mannschaft stellen“.

Bei der Premiere war das schon gar nicht schlecht. „Unheimlich Spaß“ hat es Christian Schwarzer (TV Niederwürzbach) gemacht, überbewerten dürfe man den Ertrag aber auf keinen Fall. Daran mag auch Heiner Brand gedacht haben, als er erinnerte, daß die Island-Spiele bloß ein erster Test gewesen seien. „Der Wille war da, aber erst in kritischen Situationen zeigt sich, ob der Kampfgeist hält“, hat er gesagt. So manchem seiner Vorgänger ist dabei das Schmunzeln vergangen. Frank Ketterer