Press-Schlag
: Softie bleibt Softie

■ Frank Verlaats Brillenattacke im Trainingslager des VfB Stuttgart

Um beim VfB Stuttgart als ganzer Mann und harter Bursche zu gelten, braucht es schon etwas mehr als bei anderen Bundesligavereinen. Da reicht es nicht, dem Gegner hin und wieder inbrünstig die Beine wegzusensen oder ihm beim Kopfballduell den Ellenbogen in die Rippen zu rammen. Ein bißchen Tobsucht muß schon sein, wenn man in der Hierarchie nicht ganz nach unten wegsacken will.

Doch während Leute wie Berthold, Legat oder Foda in dieser Hinsicht schon qua Antlitz aus dem Schneider sind, haben es Spieler mit einem so netten Gesicht und solch adrettem Blondhaar wie Frank Verlaat natürlich doppelt schwer. Redlich müht sich der Niederländer, kassiert haufenweise gelbe, gelb-rote und rote Karten, steht bei jeder kollektiven Schieds- oder Linienrichterbeschimpfung brav vorne dran und wird in der Stuttgarter Zeitung dennoch schnöde als „Softie“ verglimpft. Noch dazu in der Schlagzeile! „Der Softie spricht klare Worte“. Wie rufschädigend! Wie scheußlich!

Logisch, daß in einem solchen Fall unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Also nichts wie hin zum schuldigen Journalisten, die Brille von seiner Nase gerissen, „Macht so etwas ein Softie?“ geschrien, zu Boden geworfen das gute Stück und nach Herzenslust darauf herumgetrampelt. So geschehen am Dienstag im Trainingslager des VfB Stuttgart auf Teneriffa.

Ein deutliches Signal für die Konkurrenz, die Gilde der Spielleiter und die feindlichen Schiedsgerichtler vom DFB: Mit dem VfB ist auch in der Rückrunde nicht gut Kirschen essen. Wer den kämpferischen Schwaben zu nahe tritt, riskiert zerfetzte Goldkettchen, zerbissene Ohrringe, geknickte Schiedsrichterassistentenfahnen, mit Kaugummi verstopfte Trillerpfeifen. Und wenn alles nichts mehr hilft, wird einfach die Luft aus dem Ball gelassen.

Die Liga zittert, das Ziel ist erreicht. Doch was tut der unselige Verlaat? Sagt er, daß es sich um ein neuerliches Komplott böswilliger Journalisten handelt? Eine gemeine Brillenprovokation, eingefädelt vom DFB? Eine gezielte, von Bayern München geschürte Kampagne, um den VfB in Mißkredit zu bringen? Mitnichten! Er entschuldigt sich. Und will auch noch „den Sachschaden“ ersetzen. Softie bleibt eben doch Softie. Matti Lieske