: Heftige Jubiläumsschelte für Hamburgs Radwegeplaner
■ Dr. Martin Schmidt (GAL): Ein Verkehrsexperte, der viele Fragen hat / 50 schriftliche (Fahrrad-)Fragen
Ein Mann, ein Jubiläum. Dr. Martin Schmidt, GAL-Bürgerschaftsabgeordneter und selbsternannter Robin Hood aller Hamburger Fahrradfahrer hat mal wieder mit spitzer Feder zugeschlagen. Zum fünfzigsten Mal seit seinem Eintritt in die Bürgerschaft stellte er jetzt an den Senat eine schriftliche „kleine Anfrage“ zum Thema Fahrradfahren in der Hansestadt.
Verändert haben die vielen Fragen des Mannes, der einst das abschließbare Fahrradhäuschen erfand und auch schon mal mit Bausenator Eugen Wagner gemeinsam ein Tandem bestieg, allerdings wenig. Denn eins hat Schmidt in vier Jahren unermüdlichen Fragens in Hamburgs Hohem Hause schon gelernt: „Papier ist geduldig“.
Sechsmal befragte der Abgeordnete den Senat allein zu seinem Spezialthema: Dem Straßenverkehrsschild „Radfahrer absteigen“. Und tatsächlich gelang es Schmidt in immerhin einem Fall ein solches, „völlig unsinnig aufgestelltes“ Schild entfernen zu lassen. Ansonsten zieht der GAL-Realo mit dem Rauschebart eine düstere Bilanz der Hamburger Verkehrspolitik: „Hamburg ist keine fahrradfreundliche Stadt“.
Dabei habe es an „guten Ansätzen in der Vergangenheit nicht gemangelt.“ Schon 1982 hätte die Umweltpolitik ein Radwegekonzept präsentiert, das aber – dumm gelaufen – niemals umgesetzt wurde. Zwei Jahre später stellte dann Bausenator Wagner ein umfangreiches Hauptradwegekonzept mit einer Fülle konkreter Einzelmaßnahmen vor, dessen Verwirklichung bis heute, so Schmidt, „ein Torso“ geblieben sei.
Auch gar nicht so schlecht findet Schmidt die vom Fahrradbeirat und der Baubehörde erarbeiteten neuen „Planungshinweise für Stadtstraßen“, kurz PLAST. Sie sehen unter anderem Fahrradstreifen auf der Fahrbahn und sicherere Straßenquerungen für RadfahrerInnen vor. Einziger Fehler des Konzepts: Es spielt in der Praxis leider kaum eine Rolle. Und damit wären wir wieder bei Herrn Schmidts Jubiläumsanfrage.
In dieser nimmt der Galier den immerhin 13,1 Millionen Mark teuren Umbau der Mega-Kreuzung Ankelmannsplatz am Bahnhof Berliner Tor ins Visier. Geht es nach Schmidt, so hat die Baubehörde bei den fast abgeschlossenen Baumaßnahmen die PLAST-Vorgaben gänzlich unberücksichtigt gelassen und aus der Sicht der RadlerInnen so ziemlich alles falsch gemacht, was falsch gemacht werden konnte.
Die PedalentreterInnen würden gefährdet, weil zumindest an einer Stelle ein Zebrastreifen für AutofahrerInnen erst spät zu sehen sei. Für die hier Vorfahrt besitzenden RadlerInnen sei es „gesünder, auf dieses Recht zu verzichten“. An anderer Stelle ende der Radweg abrupt. Hier heißt es dann: Wer sein Rad liebt, der schiebt.
Marco Carini
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen