piwik no script img

■ BerlinalienDas ist Großstadt!

„Die Berlinale ist ein Publikumsfestival“, betonen die Veranstalter immer wieder, und mit diesem Argument zieht man auch in die Schlacht, wenn es um scheußliche Sparmaßnahmen geht. Außerhalb Berlins stellen sich die Laien unter den Kinogängern gern vor, wie schön das Leben in einer Stadt sein muß, in der man einmal im Jahr nach der Arbeit schnell ins Zentrum fährt: einen neuen Film sehen, dann eine Kleinigkeit essen und vielleicht gleich noch mal ins Kino. Das ist Großstadt!

Ist es natürlich nicht. Der einfache, schäbige Filmfreund, allein und ohne einen eingeschweißten Ausweis, den so mancher Berlinalist sicherlich auch noch nachts am Schlafanzug trägt, scheitert schon an den Besucherregeln des Publikumsfestivals. „Karten für Mars attacks? Hier? O nein, da sind Sie falsch“, wird er höflich, aber bestimmt aus dem „Berlinale- Shop“ Richtung Zoo-Palast gescheucht. In der Schlange an der Kasse liest er noch einmal im Programmheft die Rubrik „So bekommen Sie Ihre Karten“, steigt aber auch im dritten Anlauf nicht durch. „Der Kartenvorverkauf findet jeweils drei Tage im voraus, für die Wettbewerbswiederholungen vier Tage im voraus, statt.“ Also gibt es Karten für Mars attacks (22. Februar) wohl am Mittwoch. Andererseits war der allgemeine Vorverkaufsbeginn (auch an den angeschlossenen Theaterkassen) laut Programmheft am 10. Februar. Ist doch schon alles zu spät? Nein: das gilt nur „für die oben genannten Kinos, außer Zoo-Palast und Kino 7“. Wo lief noch gleich der Film? Und was ist „Kino 7“? Egal – jetzt kann der Mann am Schalter befragt werden. Theoretisch, sagt der freundlich, könne das Publikum an seiner Zoo-Palast-Kasse Karten bekommen. Mars attacks sei allerdings eine Gala-Vorstellung, das sei so gut wie aussichtslos.

So abenteuerlustig ist der Publikumsvertreter nicht. Dann eben Karten für die Wettbewerbswiederholung. Soll er Mittwoch wiederkommen? Ja, soll er. Aber dann nicht hierher, sondern zum Wiederholungskino. Am besten ab neun Uhr morgens dort anstellen!

Neun Uhr morgens, überlegt der Berlinalebesucher auf dem Weg nach Hause und blättert wieder im Programmheft. Im Royal Palast oder im Europa Center, wo die Tageskasse schon um zwölf Uhr öffnet: Dann müßte er nur einen halben Tag frei nehmen.cr

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen