: CDU setzt neue „Mammutschulen“durch
■ Protest gegen Zusammenlegung von drei Schulzentren mit insgesamt 1.600 SchülerInnen
Bremens Schulen verstehen nichts mehr. In drei Stadtteilen sollen Sek-1-Zentren zum 1. August diesen Jahres zusammengelegt werden, hat der Koalitionsausschuß am vergangenen Sonntag auf Druck der CDU beschlossen. Und alle Betroffenen sind sich einig: der „größte anzunehmende Unsinn“(Gau).
Denn herauskäme zum Beispiel in Walle, wo es das SZ Helgolander Straße und SZ Waller Ring treffen soll, eine Mammutschule mit 1.600 SchülerInnen, Tendenz steigend. „Ein Unding“, findet der Schulleiter an den Helgolander Straße, Hartmut Ziesmer. Schulleitung hat für ihn auch mit pädagogischer Arbeit zu tun: Seine Tür steht immer offen, wenn Eltern, Schüler oder Lehrer ihn brauchen. Für 700 Schulkinder ist er verantwortlich, mehr ist nicht zu verkraften. Langweilen tut er sich nicht. Eine Schulleitung für 1.600 Schüler über fünf Gebäude verstreut – das bedeutet nur große organisatorische Probleme, „sparen wird man am Ende gar nichts“.
Schulleiter Hans-Heiner Tägtmeyer von der Kornstraße, die mit dem SZ Gottfried Menken-Straße verschmolzen werden soll, ist seit 1979 dabei und kennt jede Ecke seiner Schule. „Wir erwarten vom Senator für Bildung, daß er uns eine sachgerechte Begründung liefert“, sagt er höflich, aber deutlich: Er habe sonst „Mühe, die Gremien sachlich zu informieren“. Die geplante „Mammutschule“mit über 1.000 SchülerInnen sei ein „unüberschaubares pädagogisches Gebilde“. Er lehnt sie ab.
Wenn das SZ Graubündener Straße und das SZ Ellener Feld zusammengelegt werden, wird das neue Schulzentrum über 1.200 Schüler in zwei Schulgebäuden haben. „Sollen wir zwei funktionierende Standorte durch Fernsteuerung leiten oder was?“, fragt der amtierende Schulleiter Wilfried Witte konsterniert. Auch ihn hat niemand vor dem Beschluß konsultiert. Sein Urteil: „Unmöglich.“
Keiner der Schulaufsichtsbeamten kann den Schulleitern erklären, was der Beschluß soll – der Koalitionsausschuß hat in seiner höheren Weisheit entschieden. Und die Senatorin hatte am Tag danach deutlich gemacht, daß sie den Beschluß durchziehen will. Die Behörde, so Behördenmitarbeiter Andre Schulz, mußte der „Arbeitsgruppe Effizienz“des Koalitionsausschusses mehrfach Bremer Stadtpläne zur Vorbereitung ihres Beschlusses vorbeibringen, weil das Kriterium schlicht war: Welche Schulzentren liegen so nahe zusammen, daß man Lehrern das „Pendeln“in der Pause zumuten kann? Beim Schulzentrum Ronzelenstraße/Rockwinkel beschloß der Koalitionsausschuß nur, daß eine Zusammenlegung „geprüft“werden soll, denn nur mit dem Fahhrad, nicht aber mit dem Auto kommt man schnell von der einen zur anderen Schule, wie der Blick auf den Stadtplan zeigte. Drei Zusammenschlüsse, so die schlichte Rechnung der Koalitionäre, „spart“drei Schulleitungen ein, das sind sechs Stellen.
Aber die Schulleitungen langweilen sich derzeit auch nicht zu Tode, findet Schulleiter Witte. Im Gegenteil: Die Reform der Schulverwaltung bringt mit der „Autonomie“noch mehr Arbeit an die Schulen. Für den Bremer Westen ist gerade die Stelle der Schulaufsichtsbeamtin gestrichen worden, zum Beispiel. Die Dezentralisierung der Kompetenzen findet Schulleiter Witte richtig – aber wenn gleichzeitig die Hälfte der Leitungs-Stellen in den Schulen gestrichen werde, geht das nicht.
Ganz neu ist der Gedanke einer organisatorischen Zusammenlegung von Schulzentren in Bremen nicht: Mitte der 80er Jahre gab es das schon einmal. Mit dem „Schulzentrum Vahr“und in Oberneuland hat die Schulbehörde die Zusammenlegung sogar in zwei Fällen umgesetzt – und nach einem Jahr alles wieder rückgängig gemacht. „Weil es nicht machbar war“, erinnert sich Jürgen Engler, damals kommissarisch Schulleiter von zwei Schulzentren. K.W.
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