■ Vorschlag
: Superschön gestaltetes Hardcore aus Boston: Lemonheads im Loft

Schön ist es ja immer, liebe Freunde und alte Bekannte wiederzusehen. Was für die einen Billy Bragg ist, dürfte für andere Evan Dando und seine Band Lemonheads sein. Obgleich noch keine 30 Jahre alt, schwirrt Dando schon ewige Zeit auf dem Rockplaneten herum und hat dabei manche von uns durch die schönsten wie auch die übelsten postpubertierenden Phasen begleitet: erst mit Punk, dann mit Rock, später mit Pop. Mittlerweile ist er halt der alte, liebe Freund, mit dem man sich, wenn er mal da ist, immer noch am liebsten die Zeit vertreibt.

Die Lemonheads entdeckte man in den späten Achtzigern, zusammen mit Bands wie Dinosaur jr., Moving Targets, Bullet La Volta und Gang Green. Die gute alte Bostoner Hardcore-Schule war das, rauh und bratzig, aber auch melodiös, denn wie man einen HC-Song auch superschön gestalten konnte, das hatten sie alle von ihren Großvätern, von Mission Of Burma gelernt.

„I hate your friends“ hieß der erste Gehversuch bei den Lemonheads, und bald darauf coverten sie Kiss, klauten Zeilen bei Black Sabbath und kürten Charles Manson zu ihrem Lieblingshelden. Alles war dann also erlaubt, und Dando hatte keine Probleme damit, auch den popkulturellen Umkehrschluß zu wagen und Suzanne Vega und ihr „Luca“ zu covern. Eigentlich als Joke gedacht, war es dann endgültig um die Lemonheads geschehen: Als Grunge richtig groß war, wurde auch Evan Dando ein Popstar. Der hatte lange Haare und sah dazu noch süß und niedlich aus, wie Mamis Liebling eben, ein Typ zum Knuddeln und Liebhaben. Und auch seine Musik paßte sich diesem Image immer mehr an. Erst gab es das flockige „Mrs. Robinson“, dann mit „Lovey“ eine recht ausgefeilte, fast traditionelle Rockplatte, und schließlich wurde alles Pop und Schmelz und drei Minuten. Angeschoben nicht zuletzt durch Juliana Hatfield, die Evan den Kopf verdrehte und „Come On Feel“ zu der Platte mit den Melodien für Millionen machte. Der große Rausch der Jahre 92/94 ist vorbei, Dando spielt wieder in kleinen Venues, und man kann nur hoffen, daß er, der mitunter gern an ein paar Drogen nascht, auch die neuen Zeiten gut übersteht. Gerrit Bartels

Am Sonntag ab 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz 5