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■ Fakten, Fakten, Fakten: Neue Erkenntnisse im Fall BarschelHeiße Spur nach Oggersheim

Kam der Tod auf feuchten Sohlen? Das Rätsel um Uwe Barschels Ende in der Genfer Wanne steht vor der Auflösung. Ein Schuh, ein Gürtel, ein Kamm und ein Apfel sind die Mosaiksteine, die noch zusammengesetzt werden müssen. Der Weg zu Uwe Barschels Mörder führt über italienische Schuhe und die Berliner Akademie der Wissenschaften – ein Hinweis auf einen Fall aus der Kriminalgeschichte ist der Schlüssel zur Lösung.

In den Aufzeichnungen zweier Mitglieder der Berliner Akademie der Wissenschaften aus den Jahren 1812–1822 fanden wir Hochbrisantes. In dieser verschollen geglaubten Sammlung außergewöhnlicher Kriminalfälle sind minutiös drei Mordversuche von höchster politischer Sprengkraft geschildert, die dem Mord im „Beau Rivage“ in vieler Hinsicht wie ein Schuh dem andern gleichen. Als Täterin hatte man damals die Gattin eines Regierungschefs dingfest gemacht. Ihr Opfer: S. Wittchen, Tochter ihres Mannes und seiner verstorbenen ersten Frau. Ihr Motiv für die Tat: krankhafte Eifer- und Karrieresucht.

So war die Täterin vorgegangen:

Fakt 1: Getarnt als Modedesignerin, erschlich sie sich mit Andeutungen über eine Karriere als Topmodel das Vertrauen des Opfers. Sie paßte dem Opfer einen Gürtel an, den sie mit einer Chemikalie präpariert hatte, die das Leder blitzartig schrumpfen ließ. Das Opfer verlor das Bewußtsein. Der Gürtel hätte langsam die Innereien zerquetscht, das Opfer wäre elend erstickt, wären nicht in letzter Sekunde die Retter aufgetaucht.

Fakt 2: Als Agentin einer Modelagentur für Sexy Clips getarnt, versprach sie dem Opfer Auftritte in den edelsten Gemächern des Reiches. Dafür aber müßte die brave Frisur aufgepeppt werden. Mit einem präparierten Kamm, in dem Giftdrüsen versteckt waren, stylte sie ihr Opfer, während ein spezielles Taft-Gift von den Haarspitzen über die Haarwurzeln in den Blutkreislauf gelangte: „Kaum hatte sie den Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte und das Mädchen ohne Besinnung niederfiel“, so der zeitgenössische Bericht.

Fakt 3: In Gestalt einer Food- Hosteß reichte die Mörderin ihrem Opfer einen vergifteten Apfel. Um das Vertrauen des inzwischen skeptisch gewordenen Kindes zu gewinnen, biß sie selbst hinein, auf der gelben Seite. Im Bericht der Berliner Wissenschaftler heißt es: „Der Apfel war aber so künstlich gemacht, daß der rote Backen allein vergiftet war. Das Mädchen lusterte den schönen Apfel an, und als es sah, daß die andere davon aß, so konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm die giftige Hälfte.“

In allen Fällen retteten kleinwüchsige Bergarbeiter das Mädchen. Barschel hatte weniger Glück: Im „Beau Rivage“ sind kleinwüchsige Bergarbeiter nicht gern gesehen.

Die TäterInnen gingen in beiden Fällen nach dem gleichen Muster vor: präparierte Accessoires des Alltags wie Gürtel, Kamm, Schuh und Apfel als Mordwaffen; die Maskerade (man kann davon ausgehen, daß Barschels Mörder sich als Schuhputzer oder Schuhdesigner das Vertrauen seines Opfers erschlich).

Eine weitere Parallele: die Seelenverwandtschaft der Opfer. Wie S. Wittchen war auch U. Barschel eitel, legte Wert auf modischen Schick und war anfällig für Komplimente. Und er mochte frisches Obst. Jetzt ist der Staatsanwalt gefordert. Nach dem Schuh müssen schleunigst Hosengürtel, Kämme und Obstreste aus Barschels Genfer Hotelzimmer ins Labor des BKA.

Unter diesen Umständen erscheinen die Menschen aus Barschels Umfeld in neuem Zwielicht, zumal Kriminologen bei politischen Morden gerne auf die historischen Vorbilder verweisen. Auch im Genfer Badewannenmord spielt die Gattin des mächtigen Landesherrschers eine zentrale Rolle! Die Indizienlast gegen Hannelore Kohl ist fast erdrückender noch als das Gewicht ihres Gatten. Ihr standen die verschütteten historischen Aufzeichnungen der Berliner Akademie der Wissenschaften über den Fall Wittchen bereits vor Jahren zur Verfügung! Das Werk habe sie regelrecht gefesselt, hieß es in ihrem familiären Umfeld. Auch sie ist karrieresüchtig wie die Kindermörderin, puschte ihren Gatten zum mächtigsten, dicksten und längsten Herrscher der Geschichte des Reiches!

Wie aus zuverlässigen Quellen verlautet, soll Hannelore Kohl – wie ihr historisches Pendant – krankhaft eitel und eifersüchtig sein, konnte nie andere Schönheiten neben sich ertragen. Oft soll sie die Spiegel in ihrer Oggersheimer Residenz befragt haben, wer die schönste Dauerwelle im Lande habe. Hat Barschels Frisur ihr den Verstand geraubt? Hat die Antwort des Spiegel – „Die Locken des Uwe Barschel über den sieben Bergen, hoch im kühlen Norden, sind noch tausendmal schöner als Ihre“ – sie zu Schuh und Gift greifen lassen? Hat sie in panischer Angst vor dem Verlust ihrer grenzenlosen Macht getötet? In der Tafelrunde ihres Mannes waren bereits Diskussionen über dessen Nachfolger aufgekommen – in denen ein ums andere Mal der Name Uwe Barschel gefallen sein soll.

Fest steht: In Schuhgeschäften und Apotheken (!) ging die Kanzlergattin kurz vor Barschels Tod ein und aus! Wann endlich zählt die Kieler Staatsanwaltschaft einen Schuh und einen Schuh zusammen, so daß ein Paar daraus wird? Ein Kanzlerpaar? Joachim Frisch

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