: „Ich bin ein Mensch, der nie aufgibt“
■ Der Grieche George Vithoulkas leitet die Internationale Akademie für klassische Homöopathie in Alonissos
taz: Herr Vithoulkas, was fühlten Sie, als Sie im vergangenen Jahr von der Verleihung des Alternativen Nobelpreises erfuhren?
George Vithoulkas: Zu Beginn war ich einfach nur glücklich – bis mir nach ein paar Momenten dämmerte, daß diese Ehre nicht mir galt, sondern der Art, wie ich Homöopathie praktiziere. Ehrlich gesagt, kam die Ehrung zu einer Zeit, in der ich Hilfe benötigte.
Im Frühjahr 1995 haben Sie Ihre Akademie für klassische Homöopathie eröffnet. Jetzt startet der erste internationale Ausbildungskurs über drei Jahre. Warum nehmen Sie solch ein Marathon so spät im Leben noch auf sich?
Ich hätte das alles gerne sehr viel früher getan, aber dafür brauchte ich viel Geld, das ich nicht besaß. Als ich dann dachte, jetzt hätte ich genug, um starten zu können, kam auch von anderer Seite Kapital dazu, und dann ging es sehr schnell. Die Idee hatte ich bereits 1977. Aber ich bin ein Mensch, der nie aufgibt: Selbst so spät im Leben habe ich eine Vision zum Leben erwecken können, die mich mein Leben lang begleitet hat.
Die Wirkung der Homöopathie wird immer wieder bezweifelt, gibt es eigentlich klinische Studien?
Ich wäre zu jeder Zeit bereit, eine klinische Studie zu machen. Im Augenblick läuft eine Doppelblindstudie in Israel über das prämenstruelle Syndrom.
Meinen Sie, daß Homöopathie an der Universität gelehrt werden sollte?
Ja, es ist wirklich an der Zeit, daß die Universitäten ihre Türen öffnen, denn es gibt einen Riesenbedarf an guter Homöopathie. Und auch weil die allopathische Medizin versagt, vor allem bei chronischen Krankheiten. Hier könnten sich zwei Methoden ergänzen, wobei Homöopathie keine negativen Nebenwirkungen hat, wie dies so oft in der Schulmedizin zu sehen ist. Wenn die Universitäten dieses Bedürfnis unserer Zeit nicht erkennen, werden sie bald dazu gezwungen sein.
Können schulmedizinisch vorbehandelte und unter Medikamenten stehende Patienten überhaupt behandelt werden, sind Symptome dann noch erkennbar?
Wenn jemand akut unter Medikamenten, etwa Cortison, steht, ist das ziemlich schwierig. Das gelingt nur manchmal. Wenn er aber in der Vergangenheit viele Medikamente nahm, ist das egal – solange er für eine Weile ohne Medikamente existieren kann, in der wir das Mittel für ihn finden und geben können.
Etwa bei Asthma oder auch Krebs?
Asthma kann man gut behandeln. Bei Karzinom-Patienten steht nicht die Heilung zur Debatte. Da ist die Rate natürlich sehr niedrig. Aber mit Heilung meine ich eine wenigsten 15jährige Überlebenszeit. Dann mag man einen Rückfall haben. Aber wenn jemand so lange ohne Krebs überleben kann, würde ich das sehr wohl Heilung nennen.
Hat Ihnen eigentlich die Pharmaindustrie schon einmal ein Duell angeboten.
Nein. Ich glaube ja, daß nicht alle Leute in der Pharmaindustrie gewissenlos sind. Ich habe nichts gegen Forschung, hoffe, daß sie ihr Bestes geben, sich mit den Krankheiten dieser Welt auseinanderzusetzen. Das Problem, jedenfalls wie ich es sehe, ist: Wohin geht ihre Zielsetzung? Die müßte vollständig verändert werden, mit dem Ziel, die Abwehrmechanismen des Körpers zu stärken.
Sie würden sich zu gemeinsamen Überlegungen mit der Pharmaindustrie zusammensetzen?
Absolut! Ich habe die Schulmedizin so lange herausgefordert, daß ich zu jeder Zeit bereit bin, klinische Versuche unter ärztlicher Supervision anzubieten – um die Wirkung homöopathischer Medikation zu zeigen. Sie wissen, daß ich mich immer stelle. Ich habe so oft vor meinen Studenten Live- Fälle vorgestellt, behandelt und Follow-ups gezeigt. Die meisten meiner Studenten sind Ärzte. Ich habe absolut keine Probleme, dasselbe in einer Hospital-Situation an einer renommierten Universität zu tun.
Sie sprechen in Ihren Büchern und mehr noch in Ihren Vorträgen oft von der globalen Gefahr für diesen Planeten. Sie sehen Ihre homöopathische Arbeit als ein Mittel zur grundlegenden Verbesserung an. Wie das?
Wenn ich all diese neuen Krankheiten sehe, die Jahr für Jahr immer häufiger auftreten, infektiöse Krankheiten, sehe ich eine tiefgreifende Degeneration Platz greifen. Dies gilt besonders in der westlichen Welt, wo man eine Menge Drogen und Medikamente gibt. Natürlich ist der Gedanke utopisch, unseren Planeten durch homöopathische Arbeit zu regenerieren. Diese Dinge können wir nicht in zehn oder zwanzig Jahren ändern. Das ist ein langer Prozeß. Ich weiß nicht, wer hier gewinnen wird. Ich kann nur hoffen, daß die Menschen so etwas wie ein Überlebensgen tragen. Vielleicht zieht die Menschheit irgendwann die Notbremse und tut das Richtige, um zu überleben. Homöopathie ist eine der Bremsen, die benutzt werden müssen. Interview: Jutta Kamke
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