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Flughafen: Interpretationssache

■ Streit im Abgeordnetenhaus über die Vergabepraxis bei der Planung des Flughafens Schönefeld: Opposition sagt: Filz. Regierung meint: Verleumdung

Skandal beim Flughafen Schönefeld oder alles in bester Ordnung? In der Beantwortung der Frage konnten sich Opposition und Regierungsparteien gestern im Abgeordnetenhaus nicht annähern. Während die Opposition die Senatsmitglieder in den Aufsichtsräten des Flughafens wegen „dubioser Begleitumstände bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“ scharf kritisierte, wiesen der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und der SPD- Fraktionschef Klaus Böger die Vorwürfe energisch zurück.

Im Zentrum der Kritik stand Justizsenatorin Lore Maria Peschel- Gutzeit (SPD). Ihre Rolle als Aufsichtsratsmitglied der Projektplanungsgesellschaft Schönefeld (PPS), der Gesellschaft, die den neu zu bauenden Großflughafen und dessen Privatisierung vorbereitet, war in den vergangenen Wochen mehrfach Anlaß von Vorwürfen. Da war zum einen die Vergabe eines Auftrages an eine Firma, deren Mitarbeiter zugleich Mitarbeiter der Firma eines Sohnes von Peschel-Gutzeit seien. Zum anderen richten sich die Vorwürfe gegen die Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro WIB, das, so der verkehrspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Michael Cramer, zugleich als Berater und als Auftragsnehmer gearbeitet hätte. „Das ist roter Filz in Gestalt von Nepotismus, zu deutsch Vetternwirtschaft“, faßte Cramer seine Vorwürfe gegen Peschel-Gutzeit zusammen. Eine indirekte Rücktrittsaufforderung Cramers in Richtung Diepgen und Peschel- Gutzeit ergänzte der PDS-Abgeordnete Walter Kaczmarczyk mit dem Vorhaben, einen Untersuchungsausschuß zu beantragen.

Die Vertreter der Großen Koalition, die die Aussprache nutzten, um grundsätzliche Bekenntnisse zum Single-Flughafen Schönefeld zu formulieren, griffen die Opposition ihrerseits an. Bündnisgrünen und der PDS ginge es in Wirklichkeit um die Flughafenplanung insgesamt. SPD-Fraktionsführer Böger, nannte Cramers Redebeitrag eine „Dreckschleuder“ und warf ihm vor, mit Unterstellungen zu operieren. Die SPD habe „nie ein Gramm dieser Unterstellungen für wahr gehalten“.

Diepgen wies die Vorwürfe der Bündnisgrünen mit Zitaten aus der Geschäftsführung der Flughafenholding zurück. Er sagte, eine unausgeschriebene Auftragsvergabe an die WIB habe nicht stattgefunden und eine Prüfung der Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Sohn Peschel-Gutzeits habe keinen Handlungsbedarf ergeben. Damit ist der Streit jedoch nicht vorbei. Renate Künast, justizpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, kündigte an: „Das war sicher nicht das letzte Mal, das wir darüber sprechen.“ Barbara Junge

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