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Ein Hauch alter Bündnisse

■ Im Internationalen Studienzentrum wohnen Studis aus den Ländern der Exalliierten

Da sage noch jemand, der Bund habe kein Herz für StudentInnen. Das Haus am Ernst-Reuter-Platz Nummer 5 gehört dem Staat und war ein Hotel für britische Offiziere. Als sie 1994 abzogen, schien dieser Ort gerade recht, die gemeinsame Tradition der Alliierten weiter zu pflegen. Helmut Kohl und François Mitterrand seien die Väter des Gedankens gewesen, will ein Gerücht wissen. Junge AkademikerInnen aus den vier Ländern wohnen nun hier – und sollen eine lernende, lebende Gemeinschaft bilden. Deshalb heißt die inzwischen fertige Unterkunft nicht etwa Studentenwohnheim, sondern „Internationales Studienzentrum Berlin“ (ISB).

Mindestens für ein Jahr werden die 65 Plätze vergeben, die Auslandsämter der Universitäten helfen bei der Auswahl. Chance auf einen Platz haben – so die Leiterin des Hauses, Petra Fritsche – DoktorandInnen, StudentInnen höherer Semester oder mit Bachelor- Abschluß. Doch Leerstand kostet Geld, und so war man bei den ersten BewohnerInnen im Oktober noch großzügig bei der Auslegung der Bedingungen.

Die Bundesregierung, die Max- Kade-Stiftung und die Berliner Klassenlotterie steckten Geld in das neue Wohnheim. Auch der Berliner Senat läßt sich das ISB 250.000 Mark im Jahr kosten. Die Wohnheimzimmer kosten 350 bis 450 Mark im Monat, meist sind es Apartments. Gedeckt wird die Miete durch Stipendien, etwa vom Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) oder von der Studienstiftung des Berliner Abgeordnetenhauses. Die Gäste sind recht jung – verglichen mit anderen Berliner NachwuchswissenschaftlerInnen. „Im Durchschnitt sind wir 27“, schätzt Anastasia aus Sankt Petersburg.

Die BewohnerInnen tragen sich gegenseitig die schriftlichen Arbeiten vor, an denen sie gerade sitzen. Fast alle Arbeiten nehmen Bezug auf Berlin – auch dies war ein Aspekt bei der Platzvergabe. Das ISB gibt sich elitär: Demnächst steigt eine Welcome-Cocktail- Party, bei der für Herren Schlips oder Fliege erwünscht sind. Gemeinsame Theaterbesuche und Ausflüge stehen ebenso im Programm wie Vorträge von auswärtigen Wissenschaftlern. Bildung gibt es auch im Hause. Der Zeitschriftenraum (täglich 5 Exemplare der taz) soll noch um eine kleine Bibliothek erweitert werden.

„Wenn wir hier sehr viele Stipendiaten haben, die von Berlin schwärmen, hat das starke Auswirkungen für den Universitätsstandort Berlin“, hofft Petra Fritsche. Auch Vorurteile werden abgebaut, findet Anastasia: „Die Stereotype im Haus gibt es kaum noch.“ Vor allem die ehemaligen Alliierten aus dem Osten haben Neugierde erzeugt. Auf mehrfachen Wunsch soll jetzt ein Russischkurs beginnen. Matthias Fink

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