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Unterm Strich

Vor drei Wochen hat Eduard Beaucamp dem „Statthalter der Moderne“ in der FAZ zum sechzigsten Geburtstag gratuliert. Werner Spies, so der selbst schon gesetzte Kritiker über seinen Kollegen, verkörpere einen Typus von Kunstschriftsteller, dem Leidenschaft und systematisches Interesse am Gegenstand wichtiger sind als bloßer Sachverstand; einer, der bei aller Analyse auch „die Erprobung und Bestätigung durch die öffentliche Ausstellung“ braucht.

Dafür hat der in Paris lebende Spies nun mehr als ideale Vorraussetzungen: Am Donnerstag ist der promovierte Kunsthistoriker zum Leiter des nationalen Kunstmuseums und Zentrums für industrielles Design (MNAM/CCI) im Pariser Centre Pompidou ernannt worden. Bereits 1978 war Spies dort maßgeblich an der Ausstellung „Paris–Berlin“ beteiligt gewesen, die noch einmal die Gründungsgeschichte der Moderne nacherzählte. Nach Angaben des französischen Kulturministers Philippe Douste-Blazy wurde Spies auf Vorschlag des Präsidenten des Kunst- und Kulturzentrums Georges Pompidou, Jean-Jacques Aillagon, mit dieser Aufgabe betraut. Er löst damit Germain Viatte ab, der künftig ein von Staatspräsident Jacques Chirac initiiertes neues Museumsprojekt leiten soll.

In der Berufung von Spies an das wohl populärste Museum Europas zeigt sich vor allem das französische Selbstverständnis, in Sachen Kultur ebenso souverän wie international zu arbeiten. Schon der erste Direktor des 1977 eröffneten Centre Pompidou, Pontus Hulten, kam aus Schweden.

Spies, der an der Kunsthochschule Düsseldorf Kunstgeschichte lehrt, wurde vor allem mit monographischen Ausstellungen Pablo Picasso und Max Ernst bekannt. Zuletzt hatte er im Dezember 1995 „Picassos Welt der Kinder“ für die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zusammengestellt. In den sechziger Jahren arbeitete er jedoch als Literaturagent und Lektor, in dessen Auftrag etwa Samuel Beckett, Nathalie Sarraute oder Michel Butor Hörspiele und Radioessays für den Süddeutschen Rundfunk verfaßten. Zugleich war er seit 1964 als Kritiker für die FAZ tätig.

Eine bayerische Ergänzung zur gegenwärtigen Engelskunde. Die Bewohner und Besucher von Altötting müssen in den kommenden Wochen aufpassen, daß ihnen nicht ein Engel ins Gesicht springt. Der bekannte Wallfahrtsort ist zwei Monate fest in der Hand der Himmelsboten. Die papsterprobte Kreisstadt widmet ihr neues Kulturprojekt kontrastreich den in Bayern meist recht barock dargestellten Engeln. Unter dem Motto „Zeige deinen Engel“ sind von diesem Wochenende an bis 29. Juni Ausstellungen, Konzerte, eine Filmwoche, Lesungen und Theater angesagt. Altötting bemüht sich seit Jahren, das Image des frömmelnden Wallfahrtsortes samt Devotionalienhandel und Lichterprozessionen loszuwerden.

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