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Handys fördern Krebs im Tierversuch

■ Ein australischer WHO-Wissenschaftler weist erstmals nach, daß die Strahlung von Mobiltelefonen bei Mäusen die Tumorrate verdoppelt. BUND fordert: Die Industrie muß die Strahlenbelastung der Handynutzer minimieren

Berlin (taz) – Eine neue Studie könnte die Mobilfunkindustrie in Panik versetzen: Australische Wissenschaftler des Königlichen Krankenhauses Adelaide zeigten erstmals, daß Handys bei Mäusen Krebs fördern können. In der Studie wurden Mäuse, denen ein Krebsgen eingepflanzt wurde, eine Stunde täglich gepulsten Radiowellen ausgesetzt, vergleichbar den Strahlen von Mobiltelefonen. Die bestrahlten Mäuse entwickelten doppelt so häufig Krebs wie ihre Artgenossen aus der unbestrahlten Kontrollgruppe. „Wir waren geschockt von dem Ergebnis“, sagte Michael Repacholi, Leiter der Studie, zur taz. „Damit hatten wir nicht gerechnet.“

Es wird der Mobilfunklobby schwerfallen, dieses Ergebnis kleinzureden, schließlich wurde es von einem Telefonkonzern finanziert, der australischen Telstra. Nun könnte es ausgerechnet den vielen Bürgern zugute kommen, die vor allem in den USA gegen Mobilfunkgesellschaften klagen. Die Konsequenz seiner Studie beschreibt Repacholi wissenschaftlich zurückhaltend: Sie liefere noch keinen Beweis für ein erhöhtes Krebsrisiko bei Menschen, die mobil telefonieren. Allerdings seien weitere Studien nötig, um ein Gesundheitsrisiko auszuschließen.

Das Bundesamt für Strahlenschutz gab auf Anfrage der taz noch keinen Kommentar zu dem Ergebnis. Die Studie müsse zunächst sorgfältig geprüft werden, sagte sein Sprecher Eckart Viehl. Für den Elektrosmog-Experten des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Bernd-Rainer Müller, dagegen ist klar: „Die Studie ist ein ernstzunehmender Beleg, daß durch elektromagnetische Strahlen schwere Krankheiten begünstigt werden können.“ Die bisherigen Grenzwerte für Mobiltelefone zielen nur auf mögliche Erwärmung des Körpergewebes ab – eine mögliche krebsfördernde Wirkung wird nicht berücksichtigt. „Die Zeit, bis die Wirkungsmechanismen genau geklärt sind, muß mit Vorsorge überbrückt werden“, fordert Müller. Die Industrie solle alles tun, um die Strahlung von Mobiltelefonen zu minimieren.

Die Wissenschaftler sind sich zwar weitgehend einig, daß Handystrahlung Krebs nicht auslöst; schon länger aber wird vermutet, daß sie Krebs fördern kann. Die australischen Forscher verwandten daher transgene Mäuse. Das sind Tiere, denen ein Krebsgen eingesetzt wurde. Dadurch entwickelt ein Teil der Nager von sich aus leicht Lymphgewebstumore – eine leukämieähnliche Krebsform. Auch der Mensch hat Krebsgene im Erbgut, die aber durch sogenannte Suppressorgene unterdrückt werden. Fällt so ein Suppressor aus, entsteht ein Tumor. Im Königlichen Adelaide Hospital setzten die Mediziner in einem Doppelblindversuch 100 transgene Mäusen zweimal täglich eine halbe Stunde einer Strahlung aus, die in Stärke und Art der eines Handys ähnelt. Nach 18 Monaten entwickelten sie 2,4mal häufiger einen Tumor als die 100 Mäuse aus der unbestrahlten Kontrollgruppe. Dieser Wert wurde noch einmal auf den Faktor 2 herunterkorrigiert, um wirklich jede mögliche Fehlerquelle auszuschließen. Zwar sind Tierversuche nur schwer auf den Menschen übertragbar, andererseits ist Repacholi überzeugt, daß sein Versuchsaufbau „das beste Modell ist, um etwas über den Zusammenhang von Mobilfunkwellen und Krebs auszusagen“. Eigentlich sollte mit der Anordnung eine krebsfördernde Wirkung ausgeschlossen werden. Nun müßten andere Institute seine Ergebnisse bestätigen.

Die Forscher des Adelaide Hospitals boten ihre Studie den großen naturwissenschaftlichen Magazinen nature und Science an, doch die wollten das brisante Ergebnis nicht drucken. „Es wurde nicht aus wissenschaftlichen Gründen abgelehnt“, betont Repacholi, der auch Beauftragter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für elektromagnetische Felder ist. Das sieht offenbar auch das Fachblatt Radiation Research so, das die Studie in seiner Mai- Ausgabe veröffentlicht. Anders als die allgemeinverständlich gehaltenen nature und Science wird diese Zeitschrift nicht von den Nachrichtenagenturen der Welt nachgedruckt. Insider kolportieren, Science habe die Studie nicht gedruckt, „weil das Panik auslösen würde“. Und auch nature habe die Arbeit nicht drucken wollen, ohne daß weitere unabhängige Studien die Ergebnisse bestätigen. Auf Nachfrage erklärte nature, daß sie zu den Entscheidungen zur Veröffentlichung keine Auskunft gebe.

M. Urbach

Siehe Seite 7

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