: Mit Strahlenkanonen gegen den Schimmel
■ EU-Minister lassen radioaktive Konservierung zu, wollen sie aber kennzeichnen
Berlin (taz) – Nur noch fünf Jahre verbannt das deutsche Lebensmittelgesetz bestrahlte Nahrung aus hiesigen Ladenregalen – ausgenommen von dem Verbot bleiben Gewürze und Kräuter. Die europäischen Wirtschaftsminister einigten sich in der vergangenen Woche im Grundsatz auf eine Bestrahlungsrichtlinie. Sie bestimmt, welche Nahrungsmittel ab 2002 auch bestrahlt in hiesige Supermärkte gelangen dürfen. Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) pocht derweil darauf, das weitgehende Verbot radioaktiv behandelter Nahrung nicht einer Europaregelung zu opfern.
Frankreich darf bereits seit diesem März radioaktiv behandelte Gewürze und Kräuter auf dem hiesigen Markt anbieten. Sie müssen allerdings noch in diesem Jahr als bestrahlt zu erkennen sein. Die europäischen Wirtschaftsminister einigten sich immerhin darauf, allen bestrahlten Lebensmitteln ein eindeutiges Symbol aufzustempeln, auch wenn die Hersteller nur einzelne Zutaten radioaktiv konservieren.
Gleichzeitig verhandeln sie weiter über die ab 2002 gültige Positivliste. Dem Vernehmen nach soll die Kompromißlösung Händler berechtigen, ab 2002 einige Gemüse- und Obstsorten, wie etwa Kartoffeln und Erdbeeren, aber auch Shrimps radioaktiv aufzufrischen und sie europaweit zu verkaufen.
Radioaktive Strahlen, so fürchtet die AgV, peppen auch auf, was schon gammelig war. So wurden bereits verdorbene Garnelen in Holland mit der Strahlenkanone wieder verkaufsfähig geschossen. „Die ionisierenden Strahlen können zudem Vitamine in der Nahrung tilgen“, fürchtet Angelika Michel-Drees, Expertin der AgV für Ernährungsfragen. Fettsäuren könnten so in freie Radikale umgewandelt werden, die Krebs erregen können. So dramatisch sieht Erich Muskat, Ernährungswissenschaftler und ehemaliger Berater der EU-Kommission in Ernährungsfragen, die Folgen nicht: Die Strahlenintensität betrage nur ein Drittel der für die Nährstoffe schädlichen Dosis.
Um nicht die ungewissen Folgen der Strahlung in Kauf nehmen zu müssen, empfiehlt aber auch er andere Konservierungsmethoden. In Japan setzten die Hersteller und Händler von Lebensmitteln Keime und Bakterien buchstäblich unter Druck. Bei 600 atü lassen sie die Schädlinge zerplatzen. Peter Hergersberg
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