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"Liebe taz..." - Verletzende Bilder von der Obduktion, betr.: Der Fall Stradivari, ARD-Sendung am 28.5., live aus dem Schlafzimmer des Angeklagten, taz vom 5.5.1997

Betr.: Der Fall Stradivari, ARD-Sendung am 28.5, live aus dem Schlafzimmer des Angeklagten, taz vom 5.5.

Als ehemalige Studentin von Maria Grevesmühl hat mich die Art der Berichterstattung in der von Radio Bremen produzierten Reportage „Der Fall Stradivari – eine Woche bei der Bremen Mordkommission“sehr empört. Daß detailliertes Filmmaterial über die Ermittlungen nach dem Tod Maria Grevesmühls überhaupt für eine allgemeine Reportage über die Arbeit der Mordkommission benutzt werden darf, kann ich nicht glauben.

So interessant der Einblick in diese Arbeit war, die blutigen Bilder aus dem Obduktionssaal haben mich gestört und verletzt, weil die Leiche nicht anonym bleiben durfte. Unsensibel ausgewählt fand ich auch die Aufnahmen in Zusammenhang mit Vasile D.: Frühe, falsche Einschätzungen von Kripobeamten bleiben unkorrigiert stehen und säen unnötig Mißtrauen. Statt vom abschließenden Ergebnis der Ermittlungen, der Entlastung und Freilassung Vasile D. objektiv zu berichten, schlägt der Kommentar wiederholt in die Kerbe der Vorverurteilungen.

Auch das erwähnte Benefizkonzert vom 20. April erscheint in falschem Licht. Die Behauptung, Vasile D. habe das Geld für sich selbst ausgegeben, ist nicht richtig. Tatsächlich war Vasile unser Solist, mitgewirkt haben aber noch acht weitere MusikerInnen, fast alle Absolventen der Hochschule für Künste Bremen. Mit dem Erlös des Konzertes konnten wir Vasile finanziell helfen. Genauso wichtig war es uns, ihn in siener schwierigen Lebenssitutation persönlich zu unterstützen und hinter ihm zu stehen. Berichte wie der von Radio Bremen untergraben allerdings unsere Bemühungen, das vorschnelle Urteil zu korrigieren und zu helfen, Vasile D. die Steine aus dem Weg zu räumen.

Swana Müller-Trollius

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