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Unterm Strich

Weil Hitler zuverlässig brauchbar ist für einen kleinen Skandal, wird er immer wieder gern genommen. Jüngstes nachrichtenträchtiges Beispiel: der Aktionskünstler Wolfgang Keller, der ein Glashaus mit einem überdimensionalen Hitler-Porträt im Münchner Olympiapark installieren wollte. Durch spiegelnde Scheiben hätten die Betrachter zugleich mit Hitler sich selbst gesehen, was allen schwer zu denken gegeben habe. Der Künstler wollte so das „Nachdenken über Mitläufertum“ animieren. Daraus wird aber nichts werden. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) erklärte, die Stadtspitze lehne das Provokationskunstwerk ab. Auch wenn es dem Künstler um ernsthaftes Nachdenken gehe, sei die Gefahr von Mißverständnissen nicht auszuschließen. Auch die israelitische Kultusgemeinde hatte sich ablehnend zu dem Vorhaben geäußert.

Zahlreich sind die Preise im Land. Allerorten tagen Jurys, suchen einen würdigen Preisträger und basteln an der Begründung. Für den mit 20.000 Mark dotierten Ernst-Bloch-Preis der Stadt Ludwigshafen wurde in diesem Jahr der Pariser Soziologe Pierre Bourdieu auserkoren. Die Begründung liest sich besonders hübsch und scheint von allgemeiner Verwendbarkeit: Bourdieus Denken wirke ebenso wie das von Ernst Bloch grenzüberschreitend. Fehlt bloß noch, daß man beide gleichermaßen zu Querdenkern ernennt. Der Ernst-Bloch-Preis wird alle drei Jahre für herausragendes wissenschaftliches oder literarisches Wirken mit philosophischer Grundhaltung vergeben.

Zwei Wochen dauert schon der Hungerstreik am Kleist Theater Frankfurt (Oder). Der Personalratsvorsitzende Wolfgang Riedel und der Tenor Uwe Kaschner fordern jetzt ein Gespräch mit Ministerpräsident Stolpe. Sie protestieren gegen die von der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag beschlossene Schließung des Bereiches Musik.

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