■ SURFBRETT
: Zu Fuß in beiden Welten unterwegs

Der Nerd, so hat sich auch hierzulande herumgesprochen, sitzt vor dem Computer und ist nicht gesund. Es fehlt ihm an natürlicher Bewegung, weswegen er sich dauernd die Schuppen aus dem fettigen Haar kratzen muß. Er ist übrigens immer ein Mann, daher scheint ihm der Cyberspace ganz allein zu gehören. Zum Glück sind Klischees nur ein Teil der ganzen Wahrheit. In zehn Jahren sind die Nerds ausgestorben. Das Internet selbst wird über sie hinweggehen.

Reden wir lieber von Almitra. Was ihr ganz bestimmt nicht fehlt, ist Bewegung. Sie marschiert rund um den Globus, den wirklichen, nicht den digitalen, der nur eine schlechte Metapher für eine logische Konstruktion ist. In wenigen Wochen bricht Almitra von Augusta im Westen Australiens zu ihrer neuen Fußreise auf. Weil sie wirklich marschiert, sind virtuelle Sprünge ausgeschlossen. Almitra wird zunächst den Süden des Halbkontinents durchwandern, Tasmanien durchqueren, dann Queensland erreichen und unterwegs, so schreibt sie, „viele Gemeinden und Leute besuchen“.

Almitra ist eine Pionierin, weniger des Langstreckenwanderns als vielmehr der Fusion der irdischen und der digitalen Welt. Denn auf ihrer Reise wird sie für das Internet Tagebuch schreiben. Bisher haben vor allem ihre Fotos Beachtung gefunden, unter anderem bei der Unicef. Almitra von Willcox, wie sie mit vollem Namen heißt, war schon auf dem Kilimandscharo und am Mount Everest mit der Kamera unterweges, sie nennt sich deswegen auch „The Photogypsy“. Aber dieses Medium ist jetzt nur noch ein Teil des Gesamtwanderwerks, dessen visionäre Umrisse sich unter www.ozemail.com.au/ ozemail/photogypsy/ abzeichnen.

Eine erstaunliche Website, die aus allen Nähten platzt. Denn Almitra muß sich einfach immerzu bewegen. Sie wurde 1947 in Chicago geboren, begann ihr multimediales Leben als pianistisches Wunderkind, wechselte ins Modefach, zog zwei Kinder groß und langweilte sich eines Tages, als sie ganz allein in ihrer Riesenwohnung saß. Seither marschiert sie wirklich umher, seit neustem nie ohne ein sieben Pfund schweres Apple Powerbook im Gepäck. Ein Auslaufmodell, aber in Cupertino, CA, sah sich niemand in der Lage, ihr etwas Besseres zu liefern. So schlägt sich die Reisende heute noch mit den typischen Problemen von Nerds herum. Die Batterie ist nach spätestens eineinhalb Stunden am Ende, weshalb Almitra jetzt überlegt, für ihr Online-Tagebuch auch noch einen Sonnengenerator mitzuschleppen. niklaus@taz.de