: Atommüll unter schwedischen Seen
200.000 Kubikmeter Atommüll muß Schweden nach dem Atom-Ausstieg lagern. Im Äspö-Granit bohrt die Regierung nach einem Endlager. Doch in die Höhlen fließt Wasser ■ Aus Stockholm Peter Sennekamp
Im schwedischen Parlament ist in der vergangenen Woche die Vorentscheidung zum Ausstieg aus der Atomenergie gefällt worden. Immerhin 44 Prozent Atomstrom produziert Schweden noch heute. Bei den schwedischen und dänischen Antiatomgruppen knallen denn auch schon die Sektkorken. Sie konnten sich kaum retten vor interviewhungrigen Fernsehsendern. Doch erst im November steht die letzte Parlamentsabstimmung zum Ausstieg an.
Schweden steht dann vor einem Berg von offiziell mehr als 200.000 Kubikmetern Atommüll. Gerade für den hochradioaktiven Müll haben die Betreiber der Atomkraftwerke aber bis heute keine Lösung gefunden. Am Tag der Parlamentsentscheidung in der vergangenen Woche wurden in 450 Metern Tiefe im Äspö-Granitlabor weiter die Tunnel vorangetrieben, um erste Endlagerversuche für die hochaktive Strahlenlast durchzuführen. Doch die unterirdisch gesprengten Hohlräume eignen sich wegen der vielen Risse im Gestein und der permanent einfließenden Wassermassen nicht für eine hunderttausendjährige Einlagerung des Mülls.
Im Norden des Landes, wo kein AKW steht, regt sich indessen Widerstand der dortigen Bevölkerung. Denn die Südschweden wollen ihren Müll am liebsten unter den nordschwedischen Seenplatten vergraben. Dort hoffen sie auf besseres Gestein zu stoßen, doch hier beißen sie bei der Bevölkerung auf Granit.
Während die mittel- und schwachaktive Strahlenlast zur Zeit nördlich von Stockholm am Reaktorstandort Forsmark dauerhaft unter die Erde geschafft wird, besitzt Schweden für den hochradioaktiven Müll aus den Reaktoren heute lediglich ein Zwischenlager. Hier kommen die noch 350–400 Grad heißen Brennelemente per Schiff an und müssen gekühlt werden. 30 Meter unter der Erde werden im Atomlager „Clab“ in Okarshamn bislang alle abgebrannten Brennelemente Schwedens in Wasserbecken gelagert. Die Mitarbeiter dort sind sich sicher, daß trotz der leichten Erdstöße, die in der Gegend ab und an auftreten, die Becken heil bleiben. Denn der Pool, in dem sich die heißen Brennelemente befinden, sei auf schockabsorbierendem Material gebaut.
Auch Deutschland hat vor Jahren Castoren mit abgebrannten Mischoxid-Brennelementen dorthin geschafft. Die Schweden haben im Tausch dann ihren Atommüll ins französische La Hague verschifft. Inzwischen plant die schwedische Brennelement- und Atommüllgesellschaft SKB das Zwischenlager Clab auszubauen, weil die Kapazitäten langfristig nicht ausreichen.
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