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Weise Worte eines Menschen mit Mission

■ Die Woche von Stuttgart bestärkt Tennisprofi Boris Becker in seinen Zukunftsplanungen

Stuttgart (taz) – So also sieht der Anfang aus vom Ende: Ein rappelvoller Center Court, Menschen, die Ovationen darbringen zur Begrüßung und beim Abschied. Der Mann, dem sie gelten, genießt diese Ehrerbietung. Er hat sie sich ja verdient. Gejubelt und gelitten haben die Menschen mit ihm, 12 schöne Jahre lang, und jetzt, da sie fürchten, die Sache neige sich dem Ende entgegen, machen sie ihm ihre Aufwartung. So war das diese Woche auf dem Stuttgarter Weißenhof, bei seinem Spiel gegen Karim Alami und beim Training, zu dem mehrere tausend Fans gekommen waren. So wird es künftig überall sein, wo Boris Becker sich und seinen Fans die Ehre gibt.

Ganz genau weiß noch niemand, wo das sein wird, selbst der Meister umreißt die Zeit bis zu seinem endgültigen Abschied nur vage. Die US Open will er auf jeden Fall noch spielen, auch der Grand Slam Cup steht in seinem Terminkalender. Und im nächsten März will er auf jeden Fall im Daviscup antreten, jetzt, wo er Zeit und Muße dafür hat und nicht mehr um den Globus zu jetten braucht auf der Jagd nach Weltranglistenpunkten. „Die Hatz hat ein Ende“, sagt Becker (29). Zufrieden sieht er dabei aus. Auch das Zwacken in der Kniekehle, dessentwegen er am Donnerstag das Achtelfinale gegen den Spanier Albert Costa absagen mußte, kann das nur kurzfristig ändern. Denn ist nicht gerade eine Verletzung Zeichen dafür, daß es richtig war, dem Körper nach zwölf Jahren Spitzentennis etwas mehr Ruhe zu gönnen?

„Bei manchen Entscheidungen“, sagte Becker in Stuttgart, und es klang unheimlich weise, „merkt man erst später, ob sie gut waren oder schlecht.“ Die Ankündigung seines Rückzugs auf Raten zählt er ohne Zögern zur ersten Kategorie. „Ich bin froh, mich zu diesem Zeitpunkt so entschieden zu haben. Davor aber hat er noch eine Mission zu erfüllen. Er hat Deutschland zu einem Tennisland gemacht, nun will er dafür sorgen, daß das so bleibt. Anfang der Woche stellte der Vater des deutschen Tennisbooms seine neuen Söhne vor: die Schon-Profis Nicolas Kiefer und Alex Radulescu, dazu Daniel Leßke (15) aus Dresden, Björn Phau (17) aus Weilerswist und den 16jährigen Boris Bachert, der – der Kreis schließt sich – nicht nur auf den gleichen Vornamen hört, sondern wie Becker aus dem Tenniszentrum Leimen kommt, einen roten Haarschopf trägt und überhaupt ein bißchen aussieht wie der junge Boris. „Meine Mannschaft“ nennt der Chef die jungen Männer. „Ich kann den Jungs vor allem vermitteln, wie es wirklich im Spitzensport aussieht“, sagt Becker. Er hat es lange genug erlebt. Frank Ketterer

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