Kein Preßlufthammer im Schlafzimmer

■ Transrapid? Kommt nicht in die Region!. Da sind sich ein CDU-Bürgermeister und ein SPD-Bürgermeister völlig einig

taz: Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg sind für den Transrapid. Nur ein paar Dörfer im Süden Schleswig-Holsteins und ihre Landesregierung sind dagegen – sind Sie die Bremser der Nation?

Hans-Peter Busch (CDU), Bürgermeister von Glinde: Wir sind nicht das kleine gallische Dorf. Eine ganze Region wehrt sich gegen das Vorhaben.

Detlef Palm (SPD), Bürgermeister von Reinbek: Immer mehr Firmen, Politiker und Ökonomen sehen ein, daß dies ein unverantwortliches, vor allem ein unwirtschaftliches Projekt ist. In Mecklenburg wankt zur Zeit der Koalitionspartner SPD. Auch in Berlin und Hamburg gibt es zunehmend Bedenken. Insofern befinden wir uns in guter Gesellschaft.

Wie würde sich die Transrapid-Trasse in Ihren Gemeinden auswirken?

Busch: In erster Linie geht es um den Lärm. Der Transrapid erzeugt ein knallartiges Geräusch mit mindestens 94 Dezibel, das entspricht der Lautstärke eines Preßlufthammers direkt neben dem Ohr. Davon sind bei uns rund 500 Menschen im Abstand von 20 bis 200 Metern neben der Trasse betroffen. Außerdem haben wir mit Millionen-Aufwand ein Naherholungsgebiet geschaffen. Das wäre dann ohne Funktion.

Palm: Unser Stadtteil Neu-Schönningstedt ist schon von der Autobahn, von einer Kreisstraße, von Kiesabbau und Altdeponien umzingelt. Der Transrapid würde das Faß zum Überlaufen bringen.

Ließe sich das Problem nicht mit Isolierfenstern und Lärmschutzwänden mildern?

Busch: Ja, das ist auf einem Teil der Strecke auch vorgesehen. Aber der Schallpegel wäre dann immer noch so hoch wie an einer Bundesstraße – wenn man die Lärmbelastung auf den ganzen Tag verteilt. Die einzelnen Ereignisse, wenn der Transrapid vorbeifährt, sind aber noch viel lauter.

Palm: Das ist jetzt bereits die Diskussion, wie man den Transrapid verträglich gestalten könnte. Aber ich möchte mich nicht jetzt schon in diese Rückzugsposition begeben.

Was wollen Sie tun, wenn die Landesregierung mit der Verfassungsklage scheitert?

Busch: Wir werden in Glinde im Planfeststellungsverfahren deutlich machen, daß eine Raumunverträglichkeit besteht. Dann muß der Vorhabenträger beweisen, daß man es doch verträglich gestalten kann. Und wir werden darauf drängen, daß alle Belastungen der Stadt und der Bürger ausgeglichen werden. Ich gehe davon aus, daß dadurch ein so immenser Aufwand entsteht, daß das Vorhaben noch unwirtschaftlicher wird als es heute schon ist.

Als Alternative zum Transrapid schlagen Sie beide den Ausbau der ICE-Strecke vor. Dadurch würden auch wieder Anwohner belastet werden.

Busch: Aber eine bestehende Bahnstrecke, für deren Ausbau wegen des Verkehrsaufkommens ein Bedarf besteht, ist der Bevölkerung leichter zu vermitteln. Für den Transrapid jedoch gibt es unserer Meinung nach keinen Bedarf. Er soll keinen Bedarf abdecken, sondern einen Bedarf wecken.

Palm: Die Bürgerinnen und Bürger in Reinbek wissen, wovon im Fall ICE die Rede ist. Wir haben im Süden die Bahnstrecke nach Berlin und im Norden die A 24. Aber für beide gibt es einen Bedarf. Dagegen haben wir uns nicht grundsätzlich gewehrt.

Herr Busch, der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion sagte kürzlich, die Ablehnung des Transrapid durch die Kieler Landesregierung zeuge von „verkehrspolitischer Unkenntnis“. Sind Sie als CDU-Kommunalpolitiker auch in Unkenntnis?

Busch: Ich bin nicht Schleswig-Holstein. Und ich glaube, wir sind auch nicht von Unkenntnis geprägt. Wir können uns beispielsweise auf die Ausführungen des wissenschaftlichen Beirates beim Bundesverkehrsministerium stützen. Dieses Experten-Gremium hat das Vorhaben in mehreren Expertisen verrissen. Und dann setzt sich der Bundestag mit der geballten Sachkompetenz seiner Abgeordneten in Verkehrsplanungsfragen darüber hinweg, weil der Verkehrsminister oder vielleicht auch der Kanzler das möchte. Die Sachkompetenz ist vielleicht eher in Schleswig-Holstein vorhanden als beim Bund. Man kann nur hoffen, daß die Unterlagen, die in Bonn erstellt werden, auch mal von den Abgeordneten gelesen werden. Dann würden sie uns verstehen.

Fragen: Achim Fischer