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Sanfter Tourismus mit Wodka

■ Freundlicher Herr aus Britannien nimmt noch Reisende mit durch die Welt. Michael Palins „Von Pol zu Pol“ (19 Uhr, arte)

Entweder muß man alles selber machen, oder man bekommt nichts mit, weil man immer hinterherdackelt. Und übernimmt man selbst die Karte, kommt man auch nur in den trüben Ecken an, wo einem die Souvenirmafia nachstellt: gar nicht so leicht, einen guten Reisebegleiter zu finden.

Nett und unkompliziert soll er sein, aber bittschön auch ein wenig distanziert. Informiert müßte er sein, aber hauptsächlich interessiert. Dann sollte er freundlicherweise stets die Karte kennen, aber ständig Abwege suchen – und uns mit charmantem Witz unterhalten, ohne sich im Ausland danebenzubenehmen.

Per Anzeige findet man so einen nicht. Was sollte da auch drinstehen? „Suche Mann, der auch die Contenance bewahrt, wenn er der russischen Partnerstadt seiner Heimatstadt einen mitgebrachten Teller übergeben muß und kein Schwein will sich seine Ansprache anhören, was wohl daran liegt, daß der Bürgermeister ein tumber Apparatschik ist.“ Oder: „Suche jemanden, der auch nach Wodka Nummer 23 noch einen Toast auf den Sowjetstaat erheben kann, dem dieser Wodka schließlich zu verdanken ist, weil dessen Alkoholverbote den Gastgeber in die Garage zum Schwarzbrennen führte, wo dieser seine Destillierkunst lernte.“

Nur einer kann dieses lebensnahe Anforderungsprofil füllen: Michael Palin, ein freundlicher Herr aus Britannien, der früher einmal als Monty Python lustige Sachen wie „Das Leben des Brian“ und verstörende wie „Brazil“ mitgemacht hat. Und Michael Palin nimmt sogar Menschen mit, wenn er auf Reisen geht. In Form einer Kamera nämlich, die die Bilder einfängt, als habe das Team sämtlich Tarnkappen getragen.

Diesmal ist Palin „Von Pol zu Pol“ gereist, von Norden nach Süden, immer schön den 30. Längengrad Ost entlang. Das geht über das Eismeer und Norwegen, über Kiew und Istanbul, über Luxor, Nairobi, Kapstadt und Santiago. Und, was soll man sagen: alles sehr interessante Plätze. Zumindest, wenn man Palin dabeihat.

Würden alle reisen wie Michael Palin – über sanften Tourismus bräuchten wir nicht mehr zu diskutieren. Der Mann benimmt sich tadellos, weiß eine Menge, ist nie arrogant, dafür aber trinkfest, und verpönt zudem das doofe Flugzeug, wo's immer geht. Klar, daß so einer rasch mit den Leuten ins Gespräch kommt. Hier ein paar finnische Wörter gelernt, dort eine Fahrkarte nach Rußland gekauft, als nächstes aber auch die verlassene Region um Tschernobyl aufgesucht. Stil hat der Mann auch, deshalb kriegt er interessante Hotelzimmer, wie jenes, wo Agatha Christie den „Orientexpreß“ schrieb.

Die Reiseschnipsel mit Michael Palin lehren, daß manchmal auch Glotzen genügt. Und, wo wir schon von sanftem Tourismus reden, ist Glotzen doch die sanfteste Form. lm

„Von Pol zu Pol“. Bis zum 2. September jeweils Montag bis Donnerstag auf arte. Derzeit ist Palin rund um den Pazifik unterwegs – das gibt's dann zu Jahresende zu sehen.

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