Kurzer Prozeß

■ Hamburg führt „Schnellstverfahren“bei der Verurteilung Krimineller ein

Hamburg macht kurzen Prozeß. Einen Tag nur soll es künftig dauern, bis auf frischer Tat bei einer Straftat Ertappte verurteilt werden. Ab September startet ein entsprechendes Modellprojekt am Amtsgericht Hamburg-Mitte. Damit, so kündigte der parteilose Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem gestern an, werde ein Beschluß des Bundestages vom Juni umgesetzt. Schon jetzt gibt es in Hamburg das sogenannte beschleunigte Verfahren. Das sieht vor, daß nur zwei bis drei Wochen nach einer Festnahme die Verurteilung erfolgt, wenn die Beweislage klar ist. Jährlich werden beim Amtsgericht rund 4.500 Urteile im beschleunigten Verfahren gefällt. Hamburg sei damit bundesweiter Spitzenreiter, rechnete Hoffmann-Riem vor.

Nun soll der eigene Rekord gebrochen werden. Bei „Delikten mittlerer Kriminalität“, etwa Diebstahl, Betrug, Trunkenheit am Steuer oder Verstößen gegen das Ausländergesetz sollen Urteile bereits am Tag nach dem Ergreifen möglich sein. Bei diesem „Schnellstverfahren“wird auch ein neuer Haftgrund geschaffen. Bislang konnte nur jemand in Untersuchungshaft genommen werden, bei dem Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr besteht. Nun kann die sogenannte „Hauptverhandlungshaft“bis zu sieben Tagen verhängt werden, wenn eine Verurteilung innerhalb einer Woche möglich ist. Allerdings nur bei Delikten, bei denen ohnehin mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen ist. Bei Bagatellfällen wie Ladendiebstahl oder auch bei Jugendlichen kommt das Verfahren nicht in Betracht.

Der rechtspolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Manfred Mahr, warnte vor dem Schnellverfahren. „Es ist kaum denkbar, daß innerhalb eines Tages ein Verteidiger hinreichende Möglichkeiten zur Verteidigung erhalten wird.“ Elke Spanner