: Arm pull und high kick
■ Alte Traditionen versus westliche Zivilisation: Eine Fotoausstellung im Uni-Hauptgebäude zeigt die Sportarten der Eskimos Alaskas Von Kerstin Meier
In Fairbanks (Alaska), mehr als 7 000 Kilometer von Hamburg entfernt, finden jedes Jahr im Juli die World Eskimo-Indian Olympics (WEIO) statt. Vor zwei Jahren besuchte die Sport-Studentin Eike Burmeister zusammen mit dem Fotografen Ralf Starke die Spiele. Im Rahmen ihrer Diplomprüfung entstand eine Ausstellung, die noch bis zum 16. Juni im Uni-Hauptgebäude an der Edmund-Siemers-Allee zu sehen ist.
Ihr Anliegen ist es auch, deutlich zu machen, „daß heute die Ureinwohner Alaskas, die Eskimos und Indianer täglich die Zerrissenheit zwischen alter Tradition und westlicher Zivilisation erleben.“ Dadurch entstünden viele Probleme. Die Olympiade hingegen solle dazu beitragen, „sich auf alte Werte zu besinnen“.
Bei den WEIO starten SportlerInnen in 24 – hierzulande zumeist unbekannten – Disziplinen, die auf den alten Traditionen beruhen. Das Repertoire reicht vom Two foot high kick – einer Disziplin bei der es darum geht, im Sprung mit den Füßen einen freihängenden Lederball zu treffen und dabei nicht das Gleichgewicht zu verlieren – über den Arm pull, bei dem die Teilnehmer versuchen, Arme und Beine ineinander zu verschränken und sich zueinander herüberzuziehen, bis hin zu traditionellen Tänzen. Das Alltagsleben und vor allem Jagderlebnisse werden durch diese Tänze zum Ausdruck gebracht.
Das Logo der Olympiade, sechs ineinander verwobene Ringe mit einem Eisbären darüber, symbolisieren die Ureinwohnergruppen Alaskas: die Aleuten, die Athabascan, die Tlingit, die Haida, die Tsimshian und die Eskimos. Ursprünglich hießen letztere Inupiats (sie lebten im Norden Alaskas) und Yuits (Süden). „Das Wort Eskimo war ein Schimpfwort der Indianer und bedeutet Rohfleischfresser“, erklärt Ralf Starke.
1971 verabschiedete der US-Kongreß den Native Claim Settlement Act, der den Ureinwohnern 16 Millionen Hektar Land und 960 Millionen US-Dollar Entschädigung zusprach. „Viele vermuten, daß dieses Gesetz nur aufgrund des Drucks der Öllobby verabschiedet wurde, um mit dem Bau einer Pipeline beginnen zu können und sich so gegen Widerstände der Ureinwohner abzusichern“, glaubt Eike Burmester.
Heute stellen die Ureinwohner nur noch etwa 15 Prozent der Gesamtbevölkerung Alaskas, dem nördlichsten und größten Bundesstaat der USA – Arbeitslosigkeit und Alkoholprobleme sind allgegenwärtig. Ebenso wie das Erdöl: Mittlerweile werden 90 Prozent des Bruttosozialprodukts im Ölgeschäft erwirtschaftet. Eine zweischneidige Sache. 1989 lief der Supertanker Exxon Valdez im Prince William Sund auf ein Riff.
Fast schon altertümlich nehmen sich gegen so viel Hightech die WEIO-Disziplinen aus. Das Two foot high kick stammt aus längst vergangenen Zeiten und diente bis zur Jahrhundertwende ursprünglich dazu, die Bewohner eines Dorfes zu benachrichtigen, daß ein Wal gefangen wurde. Heute jedoch würde niemand mehr über das Eis rennen und dabei so hoch wie möglich springen, um auf das Ereignis aufmerksam zu machen. Dafür wird inzwischen auch in Alaska Elektronik verwendet.
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