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Vorm AKW Krümmel tanzen sie auf den Gleisen

■ 2.000 AtomgegnerInnen demonstrierten am Wochenende vor dem Atommeiler. Sie schütteten Schotter auf die Gleise und schraubten einige ab. Die Polizei griff nur selten ein

Hamburg (taz) – Als sich zwei vermummte Jugendliche mit einer Zange an der Gleisbefestigung zu schaffen machten, andere AtomgegnerInnen mit bloßen Händen die Schienen unterhöhlten, schauten die drei anwesenden Polizisten aus sicherer Distanz zu. „Wir müssen nicht eingreifen“, verriet einer der Beamten per Funk seinem Einsatzleiter: „Das ist alles mehr symbolisch, was die hier machen.“

Die Szene war typisch für das Schienenaktionswochenende vor dem Atommeiler in Krümmel (Kreisherzogtum Lauenburg). Rund 2.000 AtomgegnerInnen waren am Wochenende zu dem Kraftwerk gepilgert, das für Leukämiefälle in seiner Umgebung verantwortlich sein soll. Der Protest richtete sich gegen geplante Castor- Transporte von Krümmel nach La Hague. Die Demonstranten versuchten Teile der nur für die Atomtransporte benötigten Gleisanlagen zu demontieren. Die Polizei hatte vor Beginn der Aktionen verkündet, auf „Deeskalation“ zu setzen. Die überwiegend ohne Schutzschild, Helm und Schlagstock auftretenden Beamten beschränkten sich weitgehend darauf, die Situation „unter Kontrolle zu halten“.

So griffen sie nicht ein, als rund 50 AtomgegnerInnen am Samstag Gips und Schrott auf die Schienen schütteten, um diese unbefahrbar zu machen. Zu kleineren Auseinandersetzungen kam es hingegen, als am Sonntag rund 300 Personen die Schienen unmittelbar vor dem Kraftwerkstor besetzten und mehrere Gleisstücke abmontierten. Die Einsatzkräfte der Polizei räumten die Bahnstrecke, verzichteten dabei aber auf den Einsatz der mitgeführten Wasserwerfer.

Nach Angaben von Polizeisprecher Frank Jäger gab es dabei keine Festnahmen. Am Tag zuvor waren 16 AtomgegnerInnen nach „Gefahrenabwehrrecht“ vorläufig festgenommen worden, nachdem auf den Schienen eine hölzerne Barrikade in Brand gesteckt worden war. Nachdem auch in der Nacht zum Sonntag 14 AtomgegnerInnen kurzzeitig in Gewahrsam genommen wurden, nahm die Polizei gestern mittag noch einmal 20 DemonstrantInnen fest, die gegen das Vermummungsverbot verstoßen hatten. „Wir werfen keiner dieser Personen Straftatbestände vor“, erklärte Jäger der taz.

Der Veranstalter des Aktionswochenendes, das norddeutsche Anti-Atom-Bündnis „Nix mehr“, zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf des Wochenendes, obwohl das angepeilte Ziel, 5.000 Menschen nach Krümmel zu mobilisieren, verfehlt wurde. Wenn Anfang November der nächste Atomtransport nach Frankreich Krümmel verläßt, soll es erneut zu Schienenblockaden kommen. Marco Carini

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