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■ Die Anderen"Journal du Dimanche" zur 35-Stunden-Woche / "Le Monde" zur Freilassung Maurice Papons / "Corriere della Sera" zur Regierungskrise / "Sunday Telegraph" zum zukünftigen Gipfel von Frankreich, Rußland und Deutschland

Die französische Sonntagszeitung „Journal du Dimanche“ zur 35-Stunden-Woche: Wirtschaftlich betrachtet, ist die Entscheidung für 35 Stunden vom 1. Januar 2000 an Unsinn. Es gibt auf der Welt kein Land, das die Arbeitszeit verkürzt und gleichzeitig die Arbeitslosigkeit gesenkt hat. (...) Frankreich ist also die einzige Nation, die einen Weg beschreiten will, an dessen Beginn die Experten ein großes Schild aufgestellt haben: „Vorsicht, Sackgasse!“ Eine hochmütige Sünde? Rückkehr zur Ideologie? Vielleicht – aber vor allem war es die dringende Notwendigkeit, etwas zu tun. Ohne jemals das verbotene Wort Flexibilisierung ausgesprochen zu haben, hat sich Lionel Jospin eine Tür offengelassen und spricht von „neuen Wegen“.

Die Tageszeitung „Le Monde“ zur Freilassung Maurice Papons im Vichy-Prozeß: Nach nur zwei Nächten im Gefängnis und einer im Krankenhaus hat Maurice Papon also seine Freiheit wiedergefunden – während die schwerste aller denkbaren Anklagen auf ihm lastet, die die schwerste aller Strafen nach sich ziehen kann. (...) Jede Gefängnisstrafe hängt nun von einer Revision ab. Eine Inhaftierung ist damit erst in einem Jahr oder später möglich. Bei den Opfern und ihren Nachkommen erzeugt dies Kummer, Auflehnung und eine Wiederholung des Alptraums, für den sie Entschädigung verlangen. Nicht zu reden von den kleinen, seit Monaten inhaftierten Straftätern, die womöglich noch mehr mit einer Justiz hadern, die so grausam mit zweierlei Maß mißt.

Die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ zur Regierungskrise: Wenn der Staatspräsident ein Signal der Hoffnung wollte, dann hat er es von den Kommunisten erhalten. Vielleicht sogar noch mehr. (...) Aus politischer Sicht herrscht Tauwetter. Staatspräsident Scalfaro ist verpflichtet, davon Kenntnis zu nehmen, und es liegt nahe, daß es sich für ihn um eine äußerst willkommene Verpflichtung handelt. Aber auch die größte Regierungspartei PDS und der amtierende Ministerpräsident Prodi müssen gute Miene zum bösen Spiel machen. Es ist ein großes Risiko, Bertinotti ernst zu nehmen. Aber sofort die Tür zuzuschlagen ist unmöglich.

Die Londoner „Sunday Telegraph“ zum zukünftigen Gipfel von Frankreich, Rußland und Deutschland: In launenhaften diplomatischen Kreisen sind drei eine Troika, aber vier sind schon zuviel... Das von Blair bevorzugte Mineralwasser mag Feuchtigkeit für die Politik spenden, doch neben Wodka, Schnaps und Brandy, die die Herzen und Horizonte der anderen Staatsmänner erweitern, muß es sich sehr dröge ausmachen. Von nun an muß Blair zeigen, daß er aus einem Land kommt, in dem der Witz von Johnson und Pope erklingt und das reich ist an geschmackvollen Bieren und feinen Whiskys. Das mag das Ende der Troika bedeuten. Aber es könnte der Anfang von etwas viel Schönerem sein.

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