Nix gehört, nix gewußt, nix geglaubt

■ Kirchenallee-Revierführer im PUA Polizei: „Ich dachte, es ging um Bremen“ Von Kai von Appen

Die Mitglieder des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) „Polizei“ haben am späten Freitagabend noch den Kirchenallee-Revierführer Stefan Schneider und seinen Stellvertreter Günther Ebel vernommen. Quintessenz der Aussagen: Beide haben nie etwas von Übergriffen wahrgenommen und glauben auch heute noch nicht daran.

Schneider war im Februar 1994 von Direktionschef Richard Peters darüber informiert worden, daß es aus dem Konfliktseminar der Landespolizeischule Hinweise über Mißhandlungen im Hauptbahnhofrevier gebe. Schneider: „Ich habe dann mit dem Konflikttrainer gesprochen, das hat aber zu keinen konkreten Ergebnissen geführt.“ Wenig verwunderlich, schließlich hatte Schneider zu dem Treffen ausgerechnet einen der Hauptakteure mitgenommen, dem rassistische Übergriffe vorgeworfen werden.

Bestätigt habe sich nur der Hinweis, daß Reviereinsatzführer Christoph St. eine private „Negerkartei“ angelegt habe, um Schwarzafrikaner besser überführen zu können. „Durch die Kartei hatten wir viele Erfolge“, lobte Schneider, sie sei aber nicht zulässig gewesen. „Ich habe angeordnet, sie zu entfernen und zu vernichten.“ PUA-Mitglied Achim Reichert (Statt Partei): „Er hat sie also auch mit nach Hause nehmen können?“ – „Ja!“ Schneider selbst, der nach den Ereignissen die Revierleitung übernahm, will seither keine Vorfälle bemerkt haben, die ihm „Bauchschmerzen“ bereiten könnten. Es herrsche zwar manchmal ein rauher Ton, dies habe aber mit den „Verhaltensweisen der Klientel“ zu tun. Auch bei Widerstand „wird der Festgenommene natürlich nicht immer mit Samthandschuhen angefaßt. Aber gegen die Wand stoßen gibt es nicht“. DVU-Aufkleber im Umkleideraum habe er nie gesehen.

Ähnlich unschuldig äußerte sich Günther Ebel. Er war bereits im November 1993 vom sozialwissenschaftlichen Mitarbeiter Rüdiger Bredthauer aufgesucht worden, der von Bereitschaftspolizei-Chef Jens Herrmann und Konflikttrainer Holger Jänicke-Petersen über die Vorwürfe grob informiert worden war. Bredthauer sei ganz konspirativ gewesen, habe gefragt, „ob ich mir vorstellen kann, daß es bei der Hamburger Polizei Scheinhinrichtungen und Besprühen mit Insektenspray gibt“. Ebel: „Ich habe gesagt, ich halte das nicht für möglich, und für die Wache 11 kann ich das ausschließen.“ Er sei davon ausgegangen, daß Bredthauer die Frage im Zusammenhang mit dem Bremer Polizeiskandal gestellt habe.

Ebel bestritt vehement, daß ihm „Roß und Reiter“ genannt worden seien, wie Bredthauer im PUA ausgesagt hatte. „Ich gehe davon aus, daß das strafrechtliche Konsequenzen hat und gegen Bredthauer ein Verfahren wegen Falschaussage eingeleitet wird“, so Ebel. „Es ist niemals ein Hinweis gekommen, daß es zu diesen Schweinereien gekommen ist.“ Auch von der „Privatkartei“ des Christoph St. habe er nichts bemerkt. „Ich dachte immer, der hat ein fotografisches Gedächtnis.“ Daß St. als „16E“-Chef an vielen Übergriffen am Lerchenrevier beteiligt war, habe Ebel nicht gestört. Inzwischen sei St. allerdings versetzt worden, weil die „Befürchtung“ bestanden habe, daß „er nicht mehr die nötige Distanz hat“.

Ebel, der öfter auch nachts zur Kontrolle in die Wache gekommen sein will, hat nach seinen Angaben weder von Übergriffen noch vom Besprühen mit Insektenspray etwas mitbekommen. „Wir hatten nur ein Veilchen-Raumspray, weil es manchmal erbärmlich stank.“ Daß ein Reviereinsatzführer NPD-Mitglied gewesen sein soll, habe er nicht gewußt, DVU Aufkleber an den Spinden nie gesehen.

Die Aussagen der Revierleiter lösten bei GALier Manfred Mahr nur Kopfschütteln aus. Seine Schlußfolgerung: „Anscheinend haben die nie ihre Dienstaufsicht ausgeübt.“ Oder es wurde weggehört, weil nicht sein kann, was nicht sein darf ...