■ Querspalte: Harakiri für 007
Da muß die Welt ja untergehen. Roger Moore wurde gerade 70 und wirkte einigermaßen verblichen. Sean Connery ließ sich auf seine alten Tage beim Fremdknutschen erwischen und anschließend von einem Hooligan attackieren. Und der neue, Pierre Brosnan heißt er, ist praktizierender Ökopax.
Gerüttelt oder geschürt, Jute oder Plastik, das müßte einen Mann wie James Bond längst nicht umhauen. Gäbe es da nicht neues Unheil, und wie immer kommt es aus dem Osten. Sony möchte eine neue James-Bond-Serie starten. Die Firma Sony Entertainment sitzt zwar in Hollywood, aber wir wissen doch Bescheid: Sony ist Japan, der altböse Feind. Sony ist quasimasi Dr. No.
Und für den soll James Bond jetzt arbeiten? Gleich mehrere Abgründe von Landesverrat gähnen einen da an: Womöglich hat der kgl.-britische Geheimagent Bond nicht erst jetzt die Seiten gewechselt. Dann war er keineswegs ausschließlich der Kundschafter der inzwischen schon reichlich schrapnelligen Queen, sondern wirkt womöglich bereits seit 35 Jahren im geheimen Auftrag des Tenno?
Der größte Umbruch seit dem Ende des Marxismus-Leninismus deutet sich hier an: What's left? What's right? Was soll's? Einzige Erklärung: Der Doppelagent James Bond hat den wirtschaftsimperialistischen Japanern Tür und Tor geöffnet. Waren sie zu Anfang seiner Laufbahn im Dienst der englischen Krone noch putzige Arbeitsameisen, haben sie inzwischen mit seiner Hilfe die ganze Welt mit ihrem Krempel erobert.
Plötzlich erklärt sich auch der amerikanisch-japanische Handelskrieg vom Wochenende: Die Amerikaner wollten Bond freipressen und haben ihn statt dessen endgültig verloren. Was aber wird aus uns, was aus einem schlitzäugigen James Bond? Kehrt die lesbische Pussy Galore als kuschelweiche Geisha wieder? Gert Fröbe als Sushi-Koch? Und vor allem: Wie lauten die aktuellen Maße von Ursula Andress? Willi Winkler
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