■ Schnittplatz: Born ist wieder da! Multimedial!
„Born was imprisoned for religious reasons.“ Aus religiösen Gründen sei unser aller Fernsehfälscher Michael Born inhaftiert gewesen. So jedenfalls wird der Dokumentarfilmer Thomas Frickel in einem großen Artikel im Guardian zitiert. Das war am 1. September, kurz bevor Born als Freigänger wieder Zugang zur Öffentlichkeit bekam. Und die Öffentlichkeit zu ihm.
Die Frage nach Borns (Mit-) Schuld, die uns alle und das Koblenzer Landgericht im vergangenen Jahr umtrieb, läßt sich (im Vertrauen auf Rechtsstaat, Demokratie und rehabilitierenden Strafvollzug) so nicht mehr stellen. Gesühnt, gebüßt, geläutert: drei Vaterunser, zwei Ave Maria, vier Jahre Haft – gehe hin in Frieden!
Dieser Michael Born, der derzeit im Auftrag der Evangelischen Kirchengemeinde in Trier eine Dokumentation über die Trierer Basilika dreht, dieser Born darf nunmehr als Ent-Schuldigter wahrgenommen werden.
Nun könnte so ein unschuldiger Born auch ein uninteressanter sein. Er ist es nicht und geistert – kaum auf halbwegs freiem Fuße – wieder durch die blühenden Medienlandschaften. Kein Zweifel: Born ist wieder da! heißt es multimedial, und alle filmen ihn wieder dabei, wie er wieder filmt. Daß er allenthalben Interviewer, Kommentatoren und Reporter beschäftigt, zeigt, daß der Makel, mit dem die Affäre Born die mediale Glaubwürdigkeit befleckte, mit dem Schuldspruch der Koblenzer Richter noch nicht aus der Welt ist. Schließlich liegen seine Kröten-, Ku-Klux-Klan- und Katzenmörder-Fakes noch immer griffbereit in den Archiven von Stern TV. Und in unserer Erinnerung sowieso.
Daß dem so ist, liegt sicherlich nicht zuletzt an seinem jüngst erschienenen Buch („Wer einmal lügt...“, Kiepenheuer & Witsch), einer Art Bornschem Evangelium, in dem er sich alles noch einmal ausführlich von der Seele redet.
Doch ein Freigänger Born ist mehr als nur ein Autor. Er ist auch gesprächiger Augenzeuge – und immerhin, wie schon immer eigentlich, der einzige, der überhaupt redet.
Christoph Schultheis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen