: Doppelte Staatsbürgerschaft
Nicht alle in Deutschland lebenden und arbeitenden Ausländer sind bereit, auf ihre eigene und ursprüngliche Staatsangehörigkeit zu verzichten, würden aber gerne die deutsche annehmen und das sogar „zu Gunsten“ der Deutschen. Das mag widersprüchlich erscheinen, erklärt sich aber wie folgt, indem ich mein persönliches Beispiel aufzeige.
Ich bin Italienerin, habe in Italien Romanistik und Germanistik studiert und habe dann promoviert. Ich bin in Deutschland nur, weil ich vor einigen Jahren meinen Mann kennengelernt habe, der Deutscher ist, in München lebt und damals zu wenig Italienisch sprach, um in Italien eine Arbeitsstelle zu bekommen. Wir haben geheiratet, und ich hatte keine andere Wahl, als nach Deutschland zu kommen. Deutschland bedeutete für mich keine wirtschaftliche und gesellschaftliche Verbesserung. Es fehlte mir in Italien an nichts, bis auf das Zusammensein mit meinem Mann.
Vom ersten Tag meines Hierseins an habe ich gearbeitet und Steuern bezahlt. Also habe ich den deutschen Staat nicht nur nichts gekostet, sondern auch alle meine Abgaben und Steuern (nicht zuletzt den „Solidaritätszuschlag“ für Ostdeutschland, welches meiner Meinung nach besonders ausländerfeindlich ist) bezahlt. In diesem Zusammenhang bedauere ich es natürlich, nicht an Wahlen teilnehmen zu können, bedauere noch mehr, gezwungen zu werden: „Du nimmst die deutsche Staatsangehörigkeit, verzichtest auf die italienische, kannst dann wählen und mitbestimmen für das Land, in dem du lebst und arbeitest.“
Ich habe zwar einen deutschen Mann, lebe in Deutschland, fühle mich aber nicht als Deutsche. Ich bin immer noch stolz, Italienerin zu sein, bin nicht bereit, auf meine italienische Staatsangehörigkeit zu verzichten. Also bleibe ich Ausländerin.
Aber auch die Kinder, die wir uns wünschen, werden Italiener sein, solange sie keine doppelte Staatsangehörigkeit haben dürfen. Ich werde nie akzeptieren, daß meine zur Hälfte italienischen Kinder nur einen deutschen Paß haben. Anders gesagt, das deutsche Blut, dieses Blut, das so wichtig ist, die Staatsangehörigkeit zu bestimmen, wird auf dem Papier nicht mehr zu erkennen sein. Unsere zur Hälfte deutsche Familie, die auf ihren Namen und auf ihre Geschichte so stolz ist, wird italienisch enden. Werden die Deutschen also langsam Ausländer? Marinella Colombo, München
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