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Staatsgarantie für solide Gewinnchancen

■ Straßenbau mit privater Vorfinanzierung: Luxusversionen und teure Kreditrückzahlungen

Banken und Bauindustrie sind schon jetzt hellauf begeistert: Die private Vorfinanzierung von 12 großen deutschen Verkehrsprojekten im Gesamtwert von 8,5 Milliarden Mark, über die im Juni in Bonn endgültig entschieden wird, eröffnet solide Gewinnchancen mit staatlicher Garantie. Einziger Unterschied zur normalen staatlichen Bautätigkeit: Private Unternehmen haben die Bauaufsicht in Generalunternehmerschaft. Und: Der Staat zahlt erst nach Fertigstellung, in 10 bis 15 Jahresraten.

Das wird, wie der Bundesrechnungshof bemängelte, überaus kostspielig: Die Generalunternehmerschaft bringt Mehrkosten von durchschnittlich 15 Prozent, die Privatkredite sind teurer als die staatliche Kreditaufnahme und die späte Bezahlung treibt die Gesamtkosten in abenteuerliche Dimensionen. Für die Hoffnung, ein Privater werde billiger, weil effizienter bauen als die staatliche Bauaufsicht, sieht der Rechnungshof keinen Hinweis. Im Gegenteil: Mit der Verschiebung der Bezahlung ins nächste Jahrtausend fielen die letzten Hemmungen, Beamte und Bauindustrie einigten sich vorab fast immer auf Luxusversionen. Kein Wunder, daß Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann diese Projekte nur gegen den heftigen Widerstand von Spitzenbeamten des Finanzministeriums durchsetzen konnte, ein Widerstand, den erst Kanzler Helmut Kohl und sein Adlatus Wolfgang Schäuble durch Intervention bei Finanzminister Theo Waigel brechen konnten.

Kern des Problems ist der – Projekte im Gesamtwert von weit über 500 Milliarden Mark umfassende – unseriöse Bundesverkehrswegeplan 1992 (BVWP 92): So schätzt die Deutsche Straßenliga die Finanzlücke des BVWP auf 200 Milliarden Mark, andere kommen gar auf 350 Milliarden. Kein Wunder also, daß dem Bundesverkehrsministerium schon heute ganz erhebliche Beträge fehlen, um das bis zum Jahr 2010 reichende Gesamtprogramm zu verwirklichen.

Statt den BVWP wegen Unbezahlbarkeit drastisch zusammenzustreichen, wodurch beispielsweise auf eine Vielzahl von Autobahnen verzichtet werden könnte, hangelt sich Wissmann von Planungsjahr zu Planungsjahr. Auch die private Vorfinanzierung verlagert das Problem bloß in die Zukunft: Um das Jahr 2000 herum muß der Staat mit den Rückzahlungen beginnen, hat dann also noch weniger Geld für die dann aktuellen Projekte.

Hauptkampffeld ist deshalb die Suche nach Geld in den Kassen von Ländern und Gemeinden: So kündigte Wissmann Berlin und Brandenburg bereits an, der Bund werde überzogene Kosten für einen neuen Großflughafen im Süden Berlins nicht übernehmen. Gleiches gilt für den Elbtunnel: Ohne kräftige Zuzahlung der norddeutschen Bundesländer wird Wissmann dem Projekt kein grünes Licht geben.

Florian Marten

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