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Durch's DröhnlandDer Weg ins Stadion

■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Wie das so anfangen oder auch wie es enden wird, läßt sich nicht vorhersagen bei Workshop, diesem Konglomerat aus Hamburg und Köln. Geprobt wird selten, Absprachen kommen auch nicht wesentlich öfter vor. Aber nicht nur ihre Konzerte, sondern auch die gepreßten Aufnahmen wirken des öfteren wie ein Haufen rein zufällig zusammenlaufender Ausdrucksströme, die nicht zusammenpassen, geschweige denn aufeinander eingehen wollen: Als würde jemand zwei, drei, viele Platten verschiedenster Herkunft nebeneinander laufen lassen. Aus diesem scheinbaren Chaos, das (auch wenn sich das so liest) eher selten wie Free- Jazz anhört, entstehen dann mal urplötzlich, mal langsam aufbauend, seltene Momente von Verständnis, die in dieser Umgebung dann um so rarer klingen. Das wiederum ließe sich allzu gern als Parabel auf die Gesellschaft und ihre Kommunikationsstörungen deuten. Muß es aber nicht, man kann sich auch einfach darauf einlassen, hören (wie ein Hörspiel), suchen und entdecken. Bevor ich es vergesse: Natürlich ist Can hier ein großer und gern angeführter Einfluß (so, das wäre auch erledigt).

21. 11., 22.30 Uhr, Roter Salon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

Im Zeitalter des Zitats verklärt sich die Vergangenheit zur unbeschwerten Erinnerung. Am allerliebsten werden die Sechziger recyclet, vielleicht läuten ausgerechnet Three Ultra Bimboos die nächste Renaissance ein. Das Frauenquartett aus Helsinki gibt sich zwar alle Mühe, die letzten, drogengeschwängerten Jahre jener Zeit wiederzubeleben, aber ihr Psychedelic-Rock wälzt sich so ausführlich in den Überresten von Bill Burroughs und der Manson Family, daß er weniger als zeitgemäße Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern eher als allzu respektvolle Reminiszenz durchgeht. Da dudelt eine Hammondorgel und wahwaht die Gitarre, als stünde die Erfindung der Plateausohle noch unmittelbar bevor. Anders verhält es sich mit den besungenen Inhalten: Jungs, die manchmal noch anhänglicher sind als der eigene Hund, Jungs, die aussehen wie Tarzan und Jungs aus Kaugummi. Das stellt die realen Verhältnisse von damals zwar auf den Kopf, aber wer hat behauptet, daß es hier um historische Genauigkeit geht. Dreißig Jahre später wird endlich selbstverständlich die Emanzipation vorausgesetzt, wenn auch anders, als man(n) sich das damals gedacht hat: „I may have a bad life, but I never had a lousy lover“. Three Ultra Bomboos spielen souverän und ohne allzu große Ironie eine Rockmusik, die ihre besten Zeiten lange schon hinter sich, aber die Zeitlosigkeit hart verdient hat.

Im Rahmen von „Wie es Ihr gefällt“, 21. 11., Kulturbrauerei, Knaackstraße 97

Franz-Josef Degenhardt hat in bestimmten Bereichen der HipHop-Community durchaus einen guten Ruf, der natürlich nicht von seiner spartanischen Gitarrenarbeit herrührt, sondern davon, wie der Mann die Worte formte. Nicht von ungefähr spielten zu seinem 65. Geburtstag beim Waldeck-Festival denn auch Blumfeld und Anarchist Academy auf. Die lieferten unlängst eine weitere Ehrerbietung ab, indem sie in ihrem „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“ den Klassiker des Altmeisters reichlich zitierten und ihn in die Moderne überführten. Degenhardt selbst lobte die Hausbesetzer-Rapper denn auch auf seiner Cover-Rückseite und meinte, daß „ich es auch so schreiben würde, wäre ich 17 oder 25 und rappte durch Tag und Nacht in diesen lausigen Zeiten“. Fraglich allerdings, ob der gute Mann soviel Groove entwickeln würde wie seine Bewunderer aus dem Westfälischen.

22. 11., 21 Uhr, Trash, Oranienstraße 190

Vincent Wilkie, der als Musikant unter dem Pseudonym lotte ohm. inzwischen halbwegs bekannt ist, sagte mir letztens, daß seiner Meinung nach der bessere HipHop schon lange nicht mehr aus den USA komme. Richtig ist sicherlich, daß das, was sich in den Charts so rumtreibt, durch die Bank von Puff Daddy bestäubt wird, den Wilkie als „Dietrich Bohlen des HipHop“ zu dissen beliebte. Da tut es gut, wenn die alten Helden zurückkehren. So wie A Tribe Called Quest und De La Soul wagen auch die jungle Brothers ein Comeback, dem von vornherein die großen finanziellen Erfolgsaussichten fehlten, denn die hören sich nicht nur an wie früher, sie sind auch deshalb ganz und gar nicht angesagt. Mit Puff Daddy und Konsorten (lebende und tote) hat schlußendlich der Guck-mal-ich-bin-auch- Gangsta so vehement den Mainstream besetzt, daß einem selbst Coolio schon wieder sympathisch wird. Und die Jungle Brothers und ihre guten schönen altmodischen New-School- Raps, die Balzverhalten und Großmannssucht nicht nötig haben, natürlich sowieso.

Mit Gravediggaz, 23. 11., 21 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176

Kanada ist ja eher weit und wüst, da ist es vielleicht passend, als Kanadier ausgerechnet in Oldenburg hängen zu bleiben. So ist es jedenfalls Tim Hollingsworth und Martin Gallop passiert, die dann als Bogus Brothers eine erste CD aufnahmen. Wegen Namensdoppelung tauschten sie ein paar Buchstaben, nannten sich Subgo Brothers, hatten keinen Plattenvertrag mehr und gewannen prompt einen Nachwuchswettbewerb. Die letzte Platte heißt denn auch „Bogus Survivor“, aber da hört es dann auch schon mit der Ironie auf. Der Rest ist eine zwar durchaus versierte, aber meistens doch recht langweilige Fingerübung in den wenigen Spielarten, die die Rockmusik heute noch in den Charts hält. Da fehlt weder die gute Ballade noch der dramatische Songaufbau noch ein wenig Monsterrockanklänge. Da bleibt nur, viel Glück auf dem Weg ins Stadion zu wünschen.

27. 11., 21.30 Uhr, Acud, Veteranenstraße 21. Thomas Winkler

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