: Und das soll Fortschritt sein?
■ betr.: „Fischer regiert grünen Parteitag“, taz vom 17.11. 97
War die Berichterstattung in der taz zum Programmpunkt „soziale Grundsicherung“ unvollständig? Sollte dem nicht so sein, so nehme ich die programmatische Entscheidung des Grünen-Bundesparteitags zur Höhe der anzustrebenden sozialen Grundsicherung mit Besorgnis zur Kenntnis.
Wenn es stimmt, daß ein Alleinstehender 800 Mark erhalten soll, so kann dieser davon kaum Miete + Lebensunterhalt + Kleidung + investive Haushaltsgegenstände (Waschmaschine, Radio usw.) beschaffen. Vielleicht sind die grünen Delegierten vom Lande über die Miethöhe in Großstädten, selbst in sogenannten Sozialwohnungen nicht informiert.
Die Miethöhe beläuft sich dort für Alleinstehende auf zirka 350–600 Mark (vorausgesetzt den Bedarf von 45 qm entsprechend den Wohngeldrichtlinien).
Das gleiche gilt auch für ein Familieneinkommen (nach den grünen Beschlüssen): 800 Mark + 3 * 560 Mark ergibt für eine vierköpfige Familie 2.480 Mark soziale Grundsicherung. Die Miete einer ausreichend großen (zirka 90–100 qm) Wohnung beläuft sich aber in Großstädten (hier Erfahrungswerte aus Köln) auf mindestens 800–1.500 Mark pro Wohnung (kalt). Wovon sollen sich diese Familien dann ernähren? Nach den jetzt gültigen Regelsätzen für die Sozialhilfe erhielten Betroffene in beiden Fällen mehr, als in der verabschiedeten Regelung. Und das soll Fortschritt sein? Michael Heinen-Anders,
Troisdorf
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