: Doppeltes Spiel der Verkehrsverwaltung
■ Die rechtzeitige Schließung des Flughafens Tempelhof ist gefährdet: Verkehrssenator Klemann und Staatssekretär Schmitt sind für Verfahren verantwortlich und gleichzeitig Aufsichtsräte der Airportgese
Der planmäßigen Schließung des Flughafens Tempelhof drohen neue Probleme: Die Verzahnung von Verkehrsverwaltung und Flughafengesellschaften könnte sich bei einer Klage gegen die Schließung als Prozeßrisiko herausstellen. Denn obwohl ein Gesetz verbietet, daß Behördenmitarbeiter in Aufsichtsräten von Firmen sitzen, deren Anträge die Behörde bearbeitet, sind sowohl Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) als auch Verkehrsstaatssekretär Ingo Schmitt (CDU) in einer solchen Doppelfunktion tätig. Klemann ist Mitglied im Aufsichtsrat der Flughafenholding BBF, Schmitt ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei der BBF-Tochter „Berliner Flughafen Gesellschaft“ (BFG).
Die BFG bereitet zur Zeit den Schließungsantrag vor. Der defizitäre Flughafen in der Innenstadt soll als erster der beiden City-Airports etwa im Jahr 2002 geschlossen werden – gegen den erbitterten Widerstand der dort ansässigen Fluggesellschaften.
Diese Airlines hätten als Betroffene auch Klagekompetenz und ein Interesse daran, das Schließungsverfahren gerichtlich zu verzögern oder zum Scheitern zu bringen. Bei einem Prozeß könnten sie mit dem Paragraphen 20 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVfG) argumentieren. Der nämlich bestimmt, welche Personen von einem Verwaltungsverfahren, wie es die Schließung Tempelhofs ist, ausgeschlossen sind: „In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden, wer [...] bei einem Beteiligten als Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrats oder eines gleichartigen Organs tätig ist.“ Mit der Regelung soll eine Interessenkollision bei Staatsbediensteten und der Filzverdacht bei Verwaltungsverfahren vermieden werden.
Dieser Anschein könnte auch bei der Verkehrsverwaltung entstehen. Denn den Schließungsantrag für Tempelhof stellt die BFG, deren stellvertretendes Aufsichtsratsmitglied Ingo Schmitt ist, an die Landesluftfahrtbehörde, die als Referat Luftfahrt der Abteilung IX der Verkehrsverwaltung firmiert. Stellvertretender Behördenchef: Ingo Schmitt. Verkehrssenator Klemann muß den Schließungsantrag der BFG in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied der BBF absegnen. Als Behördenchef allerdings darf er den Antrag nicht anrühren.
Luftfahrtbehörde und Verkehrsverwaltung indes sehen in diesen Doppelrollen kein Problem. Man habe nach juristischer Prüfung entschieden, Senator und Staatssekretär „an dem Verfahren in keiner Weise zu beteiligen“, hieß es. „Solange Schmitt und Klemann in der Sache keine Entscheidung treffen, gibt es keine Schwierigkeiten.“ Auch in den Aufsichtsräten von BBF und BFG war die Doppelfunktion bereits Thema, meint BBF-Sprecherin Rosemarie Meichsner. Doch die Bestückung der Aufsichtsgremien sei Sache der Gesellschafter. „Bisher haben sich Klemann und Schmitt bei den Abstimmungen wohl enthalten.“
Ob dieses Verhalten bei einem Prozeß zur Entkräftung eines Filzvorwurfs ausreicht, bezweifeln Verwaltungsjuristen. Wichtig sei, daß Schmitt und Klemann keinerlei „entscheidungsrelevante Tätigkeit“ ausübten. Doch die Definition dieser Handlungen könne ein Prozeßrisiko darstellen.
Im Gegensatz zu Berlin sieht Brandenburg in der Doppelrolle von Aufsichtsratsmandat und Ministeramt sehr wohl eine mögliche Interessenkollision. Verkehrsminister Hartmut Meyer ist wie schon sein Vorgänger Jochen Wolf nicht im Aufsichtsrat der BBF. Der Grund laut Potsdamer Verkehrsministerium: „Juristische Bedenken wegen möglicher Befangenheit.“ Bernhard Pötter
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