: Den Präsidenten „Lügner“ nennen
■ Paraguays Putschgeneral Lino Oviedo hat sich nach sechs Wochen Flucht gestellt. Jetzt erwartet ihn eine dreißigtägige Haftstrafe
Buenos Aires (taz) – Nach knapp sechs Wochen auf der Flucht hat sich Putschgeneral Lino Oviedo am Freitag überraschend den Sicherheitskräften in Paraguay gestellt. Er muß für 30 Tage ins Gefängnis, will aber im Mai kommenden Jahres als Präsidentschaftskandidat der Colorado Partei zu den Wahlen antreten.
Der pensionierte Oviedo war abgetaucht, weil Präsident Carlos Wasmosy, der ebenfalls zur Colorado-Partei gehört, den Arrest gegen ihn erwirkt hatte. Wasmosy wollte es sich nicht länger bieten lassen, von Oviedo „Feigling“ und „Dieb“ genannt zu werden. Außerdem verkündete Oviedo, Paraguay sei unter diesem Präsidenten zum korruptesten Land der Welt geworden.
Nach seiner Flucht meldete sich Oviedo bei einem Radiosender und erklärte, er wolle erst nach Asunción zurückkehren, wenn der Oberste Gerichtshof den Arrest- Befehl von Präsident Wasmosy überprüft habe. Das ist jetzt geschehen. Das Gericht bestätigte Wasmosys Anordnung und Oviedo stellte sich.
Begleitet von 500 Anhängern präsentierte er sich am Freitag in einer Kaserne in Asunción. Dabei kam es zu leichten Zusammenstößen mit der Polizei, die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer ein. Zuvor waren Oviedos Gefolgsleute mit einem Autokorso durch die Stadt gefahren und hatten mit ausgestreckten Mittelfingern auf den Präsidentenpalast gezeigt. Bevor Oviedo freiwillig in den Knast wanderte, prangerte er in einer Rede vor dem Kasernentor einmal mehr die Korruption der Regierung an.
Vor knapp zwei Jahren putschte Oviedo, damals noch Oberbefehlshaber des Heeres, gegen den gewählten Präsidenten Wasmosy und beschwor damit eine Staatskrise herauf. Aber Teile des Militärs versagten ihm die Gefolgschaft, der Putsch brach zusammen und endete mit einem Handschlag von Wasmosy und Oviedo. Kurz darauf wurde Oviedo dennoch verhaftet und im August vergangenen Jahres nach einem umstrittenen Urteil wieder laufen gelassen. Der Richter sah es nicht als erwiesen an, daß ihm ein Putschversuch nachzuweisen sei. Statt dessen, wurde Oviedo wegen „versuchter Mißachtung“ der Gesetze verurteilt. Ingo Malcher
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