Wand und Boden
: The Good Beuys

■ Kunst in Berlin jetzt: Hospital, Abetz & Drescher, 16 Rippen

Die junge britische Malerin Sarah Morris, die zum Stall von Jay Jopling gehört, hat derzeit bei Max Hetzler ein „Hospital“ eingerichtet. Eine Gruppenschau mit dem Namensgeber der Pop-art, Richard Hamilton, mit Jeff Koons, den Wilson-Zwillingen, mit Darren Almond, dem Kunsteinrichter Jorge Pardo, dem Kunstdesigner Liam Gillick und dem neuen Malerwunder Richard Phillips – kurz, eine feine, wohlerwogene Sache.

Von Hospital ist nicht viel zu merken. Gut, es gibt drei Papierbetten von Jorge Pardo, die unter der Last ihrer kuscheligen Plüschkissen mit den geometrischen Flaggenlogos einsinken. Richard Hamilton steuert den Diagnose-Computer DIAB DS 101 bei, über dessen 21-Zoll-Monitor Worte des großen Vorsitzenden Duchamp abrollen. Von Liam Gillick stammt der doppelwandige Plexiglas-Paravant. Der „Discussion Island Big Conference Screen“ taucht den Galerieraum in ein zauberhaftes, warmes, orangefarbenes Licht und trägt wohl am meisten zur leichten, eleganten Atmosphäre bei, die auch Darren Almonds „Clock“ nicht wirklich stört, wenn sie mit einem peitschenden Schußgeräusch jede schwindende Minute exekutiert. Sarah Morris selbst malt mit Haushaltsfarbe perspektivisch horizontale Streifen auf eine abgeschrägte Leinwand: „Horizontal Blinds“.

Abgeschottet in der Kunstwelt, ist der Aufenthalt in diesem Hospital bestimmt heilsam.

Bis 10.1., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Zimmerstraße 89, 23.12–5.1. geschlossen

Im Innern ist die Galerie Contemporary Fine Arts“ restlos mit einer halluzinogenen schwarzweißen Grafiktapete ausgeschlagen. Von außen sind es die Plastiktragetaschen der Supermarktkette Lidl, die die Fenster dichtmachen. Der Werbegrafiker dieser Firma ist eigentlich ziemlich genial, fällt einem dabei auf. Das Lidl-Logo soll nach Absicht von Maike Abetz & Oliver Drescher an Gary Indianas „Love“-Bild erinnern sowie eine neue Interpretation von Andy Warhols Brillo-Box liefern, und das alles tut es auch. Und dann denkt man noch an Jörg Immendorf.

Die erste Einzelausstellung der 1970 und 1969 geborenen Künstler zielt klar und schnörkellos auf eine Archäologie des Pop, nicht nur in seiner malerischen, sondern vor allem in seiner musikalischen Form. Kleine Tuschzeichnungen und große Acryl-Leinwände zitieren alte und neue Ikonen, Jimi Hendrix, oder Steve Marriott von den Small Faces, der neben Paul Weller und die Filzflecken von „Blitzschlag mit Hirsch“ gesetzt ist: The Good Beuys. Gleich daneben ist eine Wand mit Plattenhüllen von den frühen 70er Jahren bis heute gecovert. Um die Ecke ist der Plattenspieler aufgebaut, „hey, what a sunny day“...

Der Sound der Installation ist dennoch überwiegend schwarz. „Identitätsbildung unter medientechnischen Bedingungen“ ist ein Schlüsselbild, auf dem unter anderem Porträts von Ray Charles, Diana Ross, Aretha Franklin gesampelt sind. Die Malweise und die Farben erinnern mehr an den Modezeichner Antonio als zum Beispiel an die lasierten Fanstücke von Elizabeth Payton. Alles ist etwas rauher, eben „Up against it“, wie ihre Schau heißt.

Bis 31.1., Mo.–Sa. 10–18 Uhr, Sophienstraße 21, 24.12. geschlossen

Akiko Hadas „Kaninchen haben keinen Mund“. Das kommt daher, daß er ihnen rüde mit schwarzem Klebeband verschlossen wird. Neben dem Videomonitor sind die Plüschhasen und anderes Stoffgetier in eine Fenstervitrine gequetscht. Freundlich geht Akiko Hada mit den Bunnys nicht gerade um. Aber das tut ja tatsächlich niemand, und daher trifft ihre Videoinstallation ins Herz des „Frauseins“. Wer weiblich ist weiß, daß man für nichts so sehr zur Verantwortung gezogen wird wie für sein Geschlecht, zu nichts so oft Stellung nehmen muß wie zu diesem Fakt, für den man rundheraus nichts kann. Das Entsetzen darüber, eine Frau zu sein, lernt man langsam, aber beständig.

Den Spaß daran lernt man mit der Kunst. So jedenfalls erlebt man es in der Ausstellung des Schwulen Museum, die die Schweizer Kuratorin Barbara Stauss unter dem Titel „16 Rippen“ organisierte. 16 Künstlerinnen aus Großbritannien, Japan, den USA und Deutschland gehen hier dem Phänomen nach, wie uns die Geschlechterrollen besitzen und wie wir ihnen, wenn nicht schon entkommen, so doch ein politisch provokantes und künstlerische relevantes Schnippchen schlagen.

Sex liegt in der Luft, wenn G.B. Jones lesbische Gefängnisszenen à la Tom of Finland präsentiert; wenn Astrid Chroszielewskis durchsichtige Vagina- Skulpturen wie bunte Gummibärchen leuchten; wenn Ellen Cantor mit pornographischen Zeichnungen den puren Sex feiert. Der Körper wird befragt, wenn Janina Saile menstruierende und Sophie Rickett pissende Frauen fotografieren. Die Mode kommt bei Cornelia Schmidt-Bleek ins Bild, das sie mit Texten über die mütterlich modische Sozialisation ihrer Töchter kombiniert. Phyllis Baldino überantwortet die Küche einer sehr erfinderischen Handwerkerin, während Käthe Kruse ganz schlicht eine Haarbürste samt den in ihr hängenden Haaren auf eine weiße Seifenschale legt: Die Rippen haben gut was auf den Rippen.

Bis 1.3., Mi.-–So. 14–18 Uhr, Mehringdamm 61 Brigitte Werneburg