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Unterm Strich

Salomonisch auf Schlichtung Zielendes in Sachen Rechtschreibreform: Die offiziell beauftragten Sprachwissenschaftler haben vorgeschlagen, viele alte Schreibweisen neben den neuen bestehen zu lassen! Nach einem Zwischenbericht der von Deutschland, Österreich und der Schweiz eingesetzten Kommission soll die Rechtschreibung in bis zu 1.000 strittigen Fällen freigegeben werden. Beispiele: leid tun und Leid tun, not tun und Not tun, pleite gehen und Pleite gehen, feind sein und Feind sein, Quentchen und Quäntchen, verbleuen und verbläuen, ratsuchend und Rat suchend, Alma mater und Alma Mater, Chewing-gum und Chewing- Gum. Alle bereits erschienenen Wörterbücher nach den Neuregelungen, die nach dem Beschluß der Kultusminister zum 1. August 1998 offiziell in Kraft treten, blieben gültig. Gegner der Rechtschreibreform sehen allerdings gerade in dieser Quod-libet-Regelung Schisma und Werteverfall. Der Erlanger Linguist Horst Haider Munske, der aus der Kommission ausgetreten ist, sagte der Welt am Sonntag: „Die Zulassung von neuen Varianten gefährdet die deutsche Einheitsrechtschreibung. Jede verbindliche Orientierung geht verloren.“

Und nun auch schon wieder Zank um die Beatles! Yoko Ono hat in einer Sendung des BBC-Fernsehens, die am Samstag aufgezeichnet wurde und am 6. Januar ausgestrahlt werden soll, Lennon und McCartney mit Mozart und dessen Zeitgenossen Antonio Salieri verglichen. Salieri war ein technisch brillanter Komponist, der bekanntlich von Mozart übertrumpft und deshalb von nahezu tödlicher Eifersucht gepackt wurde. „Paul ist so etwas wie es Salieri gegenüber Mozart war“, sagte Yoko Ono. Lennon habe zwar nicht die organisatorische Leitung der Beatles innegehabt, aber er sei der „geistige Führer“ der Gruppe gewesen. Im übrigen habe sich McCartney damit begnügt, die Stars vor ihren Auftritten anzurufen und an den Termin zu erinnern.

Yokos Invektive ist ganz schön gemein, denn gerade erst am Samstag wieder, bei der Trauerfeier für Giorgio Strehler im alten Bau des Mailänder Piccolo Teatro, gab es über Lautsprecher keineswegs Stücke von Salieri, sondern von Mozart zu hören, dessen Oper „Cosi fan tutte“ Strehler gerade inszenierte. Die Aufführung war für Januar geplant. Auf Wunsch des Verstorbenen wurde keine Trauerrede gehalten.

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