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2 Millionen für "il manifesto"

■ Die Sonderverkaufsaktion mit 50 Mark pro Zeitung hatte geradezu überwältigenden Erfolg

Rom (taz) – Valentino Parlato, 65, Mitbegründer und Herausgeber von il manifesto, kann es kaum glauben: Eine zu Anfang als „geradezu idiotisch“ eingeschätzte Aktion hat das Blatt, das sich trotzig noch immer „Kommunistische Tageszeitung“ nennt, wohl vor dem Ruin gerettet.

Angesichts der Geldnot, in der sich zur Zeit sämtliche linken Postillen befinden (taz vom 16.12.), und des Rückgangs der Verkaufszahlen auf gerade mal 25-30.000 pro Ausgabe (früher lag man bei etwa 45.000; gedruckt werden derzeit an die 90.000), hatte sich die Redaktion des vor einem Jahr ohne Erfolg in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Verlags zu einem spektakulären Schritt entschlossen: Die Ausgabe vom 19. Dezember kam statt wie gewöhnlich für 1.500 Lire zum Einmal-Rettungspreis von 50.000 Lire (52 Mark), in die Kioske.

Was keiner für möglich gehalten hatte: Über 40.000 Italiener kauften das Blatt auch zu diesem Preis. „Manche sind mit gleich zwei oder drei Exemplaren unterm Arm abgerückt“, berichten Verkäufer. Mehr als zwei Millionen Mark sind so mit einem Schlag in die klammen Kassen geflossen – ein „Guinness-Buch-fähiger Rekord“, sagt Parlato, der noch vor einer Woche das Ableben seiner Zeitung zu Neujahr prophezeit hatte. „Für uns aber zählt dieser Erfolg vor allem in einer Hinsicht: Die Italiener wollen weiter unsere Inhalte, unsere Kommentare, unsere Darstellungen lesen, auch wenn die Linke ideologisch noch so in der Krise steckt.“

Daß zum Erfolg auch viele andere Medien beigetragen haben, unterschlagen die manifesto-Macher dabei nicht: Alle großen Tageszeitungen hatten auf die Initiative hingewiesen, Literatur-Nobelpreisträger Dario Fo führte mit Parlato in Mailand ein eigens dafür einstudiertes Spektakel auf, im Fernsehen hüpfte der Herausgeber von Talkshow zu Talkshow.

Fürs erste ist il manifesto gerettet. Freilich ist man sich darüber klar, daß man derlei Rettungsaktionen nicht wiederholen kann; man wird nun entsprechend wirtschaften müssen. Das aber ist leichter gesagt als getan: Mehr als ein Drittel der noch vor zwei Jahren beschäftigten Redakteure, Setzer und Korrektoren sind bereits entlassen worden oder freiwillig abgewandert, darunter gleich mehrere ehemalige Chefredakteure.

Hoffnung gibt im Augenblick noch eine Initiative, die im Parlament bruzzelt: Danach sollen derart kleine Blätter wie il manifesto den Parteizeitungen und Organen religiöser Gemeinschaften gleichgestellt werden, auch wenn sie selbst nicht einer bestimmten politischen Gruppierung oder Religion zuzurechnen sind. Dann nämlich bekäme il manifesto jährlich umgerechnet zwei bis drei Millionen Mark Zuschuß, und damit könnte man überleben.

In einem ersten Anlauf sind diese Gesetzesinitiatoren allerdings gescheitert – ein Zusatzantrag für den Haushalt 1998 wurde im zuständigen Ausschuß des Parlaments abgelehnt.

Die Zeitungsmacher hoffen dennoch weiter, in der für die endgültige Entscheidung zuständigen Plenarsitzung könnte der Änderungsantrag dennoch durchgehen – erfolgreiche Aktionen wie diese machen auf Italiens Volksvertreter immer Eindruck. Die Sektkorken jedenfalls haben an jenem Samstag in der Via Tomacelli in Rom, Sitz der Redaktion, noch lange geknallt. Werner Raith

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