: Leichenschänder wird unbefristet weggesperrt
■ Ein an Nekrophilie leidender Metallarbeiter muß auf unbestimmte Zeit in der geschlossenen Gerichtspsychiatrie bleiben. Hinterbliebenen sei großer emotionaler Schaden zugefügt worden
Der Ausgang des Prozesses war absehbar: Der an Nekrophilie leidende 34jährige Metallarbeiter Peter L. (Name geändert) ist gestern von der 16. Strafkammer des Landgerichtes auf unbefristete Zeit in die geschlossene Gerichtspsychiatrie eingewiesen worden.
Zu dem Vorwurf der Störung der Totenruhe in sieben Fällen und Diebstahl von Leichentüchern hatte der Beschuldigte in dem mehrtägigen Prozeß geschwiegen. Aufgrund seiner früheren Geständnisse bei der Kripo war das Gericht aber davon überzeugt, daß er zwischen Dezember 1995 und Oktober 1996 mehrfach Gräber geöffnet und in Leichenschauhäuser eingestiegen war und sich an Frauenleichen sexuell vergangen hatte.
Peter L. war 1991 schon einmal wegen ähnlicher Taten in die Psychiatrie eingewiesen worden, nachdem ihm damals ebenso wie im aktuellen Fall vom Psychiatrischen Sachverständigen eine verminderte Schuldfähigkeit attestiert worden war. Die günstige ärztliche Prognose, aufgrund der er 1993 auf Bewährung entlassen worden war, hatte sich diesmal jedoch nicht bestätigt. Der neuerliche Unterbringungsbeschluß bedeutet für den Angeklagten Peter L. nun, daß er bis ins hohe Alter mit einem Verbleib hinter Psychiatriemauern rechnen muß.
Im Gegensatz zu 1991 hatte Peter L. in diesem Prozeß nicht mit dem Gericht kooperiert, nachdem sein Antrag auf Ausschluß der Öffentlichkeit abgelehnt worden war. Während der drei Prozeßtage versteckte sich der schlaksige Mann hinter seinen wirren schwarzen Haaren und gab nur noch zynische Antworten.
Nekrophilie (griechisch: Nekros: der Tote, philie: Liebe) tritt nach Angaben des psychiatrischen Sachverständigen nur äußerst selten auf. Seit 1962 wurden in der wissenschaftlichen Literatur weltweit nur 47 Fälle beschrieben.
Der Gutachter attestierte Peter L. eine Persönlichkeitsstörung mit schizoiden Zügen. Der mit einem Intelligenzquotienten von 130 überdurchschnittlich schlaue Beschuldigte hatte bis zu seinem fünften Lebensjahr unter ständig wechselnden Bezugspersonen im Heim gelebt, bevor er von einem Bonner Ministerialbeamten adoptiert worden war.
Große Kontaktschwierigkeiten zu Frauen zeichnen seinen Weg. Im Alter von 17 Jahren hatte er sich zum ersten Mal an einer Frauenleiche vergangen. Seine Verteidigerin Änne Ollmann warf der Justiz gestern einen „unsensiblen Umgang“ mit dem Beschuldigten vor.
Obwohl Peter L.s große Probleme mit Frauen aus den Akten deutlich ersichtlich seien, sei ihm in diesem Verfahren von vier Richterinnen und einer Staatsanwältin der Prozeß gemacht worden. Zudem sei ihm auch noch eine Frau als Pflichtverteidigerin zur Seite gestellt worden.
Der Beschuldigte war mit seiner Anwältin jedoch ganz offensichtlich zufrieden, denn sie setzte sich sehr für ihn ein. So verwies Änne Ollmann in ihrem Plädoyer darauf, daß ihr Mandant sich noch nie an einem lebenden Menschen vergriffen habe, und daß er deshalb auch keine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle.
Wenn das Gericht ihn trotzdem in der Psychiatrie wegschließe, erfolge dies allein aus Pietätsgründen. Ein schuldfähiger Täter würde für dieselben Taten allenfalls mit zwei Jahren Haft bestraft.
Provozierend verwies Anwältin Ollmann darauf, daß die Schändung von Toten im bürgerlichen Gesetzbuch lediglich als Tat gegen „eine Sache“ definiert werde.
Sowohl die Staatsanwältin als auch das Gericht waren ganz anderer Auffassung. Die Allgemeinheit müsse vor Tätern wie Peter L. geschützt werden, urteilte das Gericht, weil er den Hinterbliebenen durch die Störung der Totenruhe einen großen emotionalen Schaden zufügt habe. Plutonia Plarre
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen