piwik no script img

Eiffelturm statt Siegessäule?

■ Genervt über die Berliner Bürokratie erwägt Planetcom, die Love Parade nach Paris zu exportieren. Der Tiergartener Baustadtrat Porath (SPD) hält das "alles nur für Theaterdonner"

Wird Berlin seine sommerliche Touristenattraktion Nummer eins verlieren? Die Love Parade, Techno-Karneval und Riesengeschäft, wandert vielleicht nach Paris ab. Der Baustadtrat von Tiergarten, Horst Porath (SPD), winkt ab: „Alles nur Theaterdonner.“

„Berlin will die Love Parade, der Senat will die Love Parade, alle Beteiligten wollen das“, sagte dazu gestern Volker Hassemer, Geschäftsführer der Marketing-Gesellschaft Partner für Berlin. Zur Zeit gebe es zwar ein „Knirschen im Prozedere“, aber keine großen sachlichen Probleme. Er stehe mit allen Beteiligten in Kontakt und halte das Event für eine außerordentlich wichtige Veranstaltung für Berlin.

„Da ist bisher noch nichts entschieden“, sagt dagegen Ralf Regitz von der Firma Planetcom, die den Massenumzug organisiert. Ins Gespräch kam Paris, nachdem sich Planetcom beschwerte, die Mammut-Party auf der Straße des 17. Juni würde behandelt „wie ein drittklassiges Straßenfest“. Die Behörden seien sehr langsam, und Planetcom habe Schwierigkeiten, „kompetente Ansprechpartner zu finden“. Genervt von der Bürokratie streckten die Veranstalter ihre Fühler gen Paris aus, wo Planetcom-Chef Ralf Regitz im Februar die Verhandlungen über einen Rave um den Eiffelturm beginnen wird.

In der Stadt der Liebe haben die Elektro-Pioniere einen einflußreichen Verbündeten: Jack Lang, ehemaliger französischer Kulturminister, Besucher der letzten Love Parade und Technofan, sei „begeistert“ von der Idee, auch an der Seine mal im großen Stil abzufahren. Er möchte die Parade für den 12. September buchen.

Der Tiergartener Baustadtrat Porath glaubt nicht daran. „Planetcom wird doch nicht die zehnte Love Parade in Paris feiern.“ Mit diesem Schachzug solle der Senat erpreßt werden. Planetcom wolle noch einmal „richtig absahnen“, vermutet er. Im letzten Sommer besuchten fast eine Million Raver die „Demonstration“ und brachten dabei etwa 150 Millionen Mark zusätzlich in die Stadt. Planetcom ist alleiniger Inhaber des Namensrechtes und bislang durch den angeblich politischen Status der Demo von allen Pflichten (zum Beispiel Müllentsorgung) befreit. „Aber das Wichtige ist doch die Message“, so Regitz. Und diese heißt nach wie vor hochpolitisch: „Liebe“.

Zwischen den Metropolen entscheiden möchte man sich aber noch nicht: „Die Frage lautet nicht: entweder oder“, so Planetcom. „Ein Umzug nach Paris würde nicht automatisch das Aus für Berlin bedeuten.“ Insgesamt sei die momentane Diskussion zu früh: „Kein Grund, jetzt pessimistisch zu werden“, beschreibt Regitz die Situation. Das Fernziel ist klar: „Fünf Love Parades auf fünf Kontinenten.“ Tobias Riegel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen