: Die Brent Spar soll an Land zerlegt werden. Während Shell seit dem Verzicht auf die Versenkung der Ölplattform zunehmend erfolgreich mit seinem Imageproblem kämpft, tut sich Greenpeace, das den Multi 1995 in die Knie gezwungen hatte, heute
Die Brent Spar soll an Land zerlegt werden. Während Shell seit dem Verzicht auf die Versenkung der Ölplattform zunehmend erfolgreich mit seinem Imageproblem kämpft, tut sich Greenpeace, das den Multi 1995 in die Knie gezwungen hatte, heute schwer mit dem Erfolg der Kampagne
Shell aus der Versenkung aufgetaucht
Die Brent Spar wird ihre letzte Ruhe an der norwegischen Küste finden. Diese Entscheidung hat gestern Shell in London verkündet. Das britisch-norwegische Konsortium Wood-GMC will die Ölplattform zerlegen und in Stavanger als Küstenbefestigung nutzen. Als nicht unwichtiger Nebeneffekt bleiben die höheren Kosten für die Entsorgung der Ölplattform so wenigstens im Land. Für die rund 70 Millionen Mark Kosten werden norwegische und britische Arbeitsplätze geschaffen.
Doch den Shell-Konzern selbst wird die Brent Spar trotz dieses geschickten Schachzugs auch in den kommenden Jahren nicht in Ruhe lassen. Viel zu sehr ist die Idee des Konzerns, die 14.500 Tonnen schwere Konstruktion einfach im Nordatlantik zu versenken, als größte Schnapsidee des Jahrzehnts im Gedächtnis geblieben.
Dabei hängt die Fehlentscheidung von 1995, die Brent Spar auch gegen den Widerstand von Greenpeace und großen Teilen der deutschen Bevölkerung einfach zu versenken, dem Konzern ökonomisch kaum mehr nach. Shell hat seinen Marktanteil im deutschen Tankstellengeschäft wieder auf das Niveau von gut 12 Prozent vor dem Brent Spar Desaster zurückgeführt. „10 bis 20 Tage hatten wir damals signifikante Einbußen, der Marktanteil ist monatelang etwa ein halbes Prozent niedriger gewesen“, so Shell-Sprecher Reiner Winzenried. „Das hört sich nicht nach viel an, aber im Tankstellenbereich wird normalerweise um Promille gekämpft.“ Heute liegt der Umsatz in Deutschland stabil bei über 24 Milliarden Mark. Der Mutterkonzern fährt Rekordgewinne ein. Und die Konkurrenzkonzerne BP, Esso und Aral haben jedenfalls nicht profitiert.
Viel schwerwiegender für die deutsche Shell-Tochter ist das Stigma. „Shell steht in der öffentlichkeit da wie ein verurteilter Straftäter auf Bewährung“, so der Dresdner Publizistikprofessor Wolfgang Donsbach, der 1997 ein Buch über Shell in den Medien veröffentlicht hat. Donsbachs Beobachtung wird auch innerhalb der Shell geteilt. „Wir haben schon das Gefühl, auf Bewährung zu sein“, so der Betriebsratsvorsitzende der deutschen Shell, Wolf Kleinesper.
Telefonumfragen, die der Konzern regelmäßig in Auftrag gibt, widersprechen dem auf den ersten Blick. Bis zu 70 Prozent der Befragten bejahen die Ausage, „Shell hat einen guten Ruf“. Das sind genauso viele wie vor der Brent- Spar-Krise. Im Sommer 1995 war der Wert für Shell auf 12 Prozent gefallen. Damals wollte sogar CSU-Generalsekretär Protzner notfalls zur nächsten Tankstelle laufen. Als im November 1995 der nigerianische Regimekritiker Ken Saro-Wiwa zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, und Shell trotz seines großen Einflusses in Nigeria die Hinrichtung nicht verhinderte, sackte die Zustimmung noch einmal ab.
Doch Telefonumfragen sind bei solchen Imageproblemen „von einer charmanten Oberflächlichkeit“, sagt zumindest Arthur Fischer vom Sozialforschungsinstitut Psydata in Frankfurt. Fischer muß es wissen, schließlich hat er die Umfragen für Shell gemacht.
Im Konzern selbst macht man sich nichts vor. „Bei den Intellektuellen sind wir sicher nicht wieder auf dem alten Stand“, räumt Shell- Sprecher Winzenried ein. Der kritische Teil der Öffentlichkeit habe zwar die Anstrengungen des Konzerns, sich als umweltfreundlich und sensibler in Menschenrechtsfragen darzustellen, wahrgenommen. Kontakte mit amnesty, Brot für die Welt, der SPD, der taz, eine geplante eigene Solarfabrik und der ehemalige Chemiekritiker Fritz Vahrenholt als neues Shell- Vorstandsmitglied – „da ist etwas von den ökologischen Anstrengungen hängengeblieben“, so Winzenried. Doch das reicht den Shell-Strategen noch nicht.
Greenpeacer neigen zu so viel Vorsicht nicht. Ulrich Jürgens, im Streit geschiedener Kampagnendirektor bei Greenpeace International, definiert die Rolle von Shell heute viel forscher. „Eigentlich ist der Kampagnensieg auf Shell übergegangen. Weil die das unheimlich geschickt zweieinhalb Jahre am Köcheln gehalten haben, stehen sie am Ende als großer Saubermann da.“ Hermann-Josef Tenhagen
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