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Verknitterter Schumann-Charme

■ Originell, erregend, grandios – doch in Hamburg hat die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen wenig Publikum

Die Deutsche Kammerphilharmonie (DKPh) Bremen ist eines der wenigen wirklich spannenden deutschen Orchester. Ihre Programme sind originell. Ihr Stil ist erregend. Aber Hamburg, so schien es am Mittwoch abend angesichts einer gut, aber keineswegs angemessen gefüllten Musikhalle, ist allemal eine Zitterpartie für das grandiose junge Ensemble.

Wer gekommen war, wußte offensichtlich warum. Denn der Beifall war schon nach Haydns Sinfonie Nr.49 La Passione enthusiastisch. Obwohl mit drei Kontrabässen für DKPh-Verhältnisse recht stark besetzt, klang es, besonders in den schnellen Sätzen 2 und 4, stürmend und drängend, schlank und rank. Chefdirigent Thomas Hengelbrock leitete sitzend vor leerem Notenpult. Erst bei Alfred Schnittkes folgendem Monolog für Viola und Streichorchester benutzte er Noten und dirigierte stehend. Tabea Zimmermann gestaltete das Stück mit dem widersprüchlichen Namen klar, geradlinig und in satten Farben. Eine – vielleicht etwas zu lang geratene – Reihe wunderschöner, teils melancholischer, teils hochdramatischer Kadenzen, in die das Orchester als eine Art Alter Ego der Solistin imitierend und Aura schaffend einfällt. Anhaltende Begeisterung. Zwei Zugaben.

Nicht wie üblich, also nicht wie schlecht instrumentierter, verfehlt montierter Beethoven, klang nach der Pause Schumanns Sinfonie Nr.4eher wie neue Blüte aus dem Verfall hehrer Konvention. Mittels schneller Tempi und kammermusikalischer Durchhörbarkeit zog Hengelbrock die vier Sätze und Schumanns teils wirklich eigenartige Satzweise zu einem bündigen, logisch und sinnlich genußreich zu fassenden Verlauf zusammen. Selbst Schumanns hier und da aufblitzender verknitterter Charme war deutlich zu hören. Ovationen. Eine Zugabe. Stefan Siegert

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