■ „Neues Deutschland“-Chef prozessiert gegen Wiglaf Droste
: Ist es Rache für Lady Di?

Am 1.September 1997 erschien auf Seite 1 der Tageszeitung junge Welt eine weiß auf schwarz, also quasi mit Trauerrand gesetzte Spalte. Unter der Überschrift „Stimmen zum Tod von Prinzessin Diana“ war zu lesen: „Es ist der Meutenjournalismus von Blättern wie Bunte, Praline und Neues Deutschland, der Lady Di auf dem Gewissen hat. Nein, das war nicht die feine englische. Wir alle sind schuldig. Reiner Oschmann, Chefredakteur ND.“ Oschmann befand sich in angemessener Gesellschaft – lautete doch die nächste Kondolenzadresse: „Why / Lady Di / Did you have to die? / You were shy / Lady Di/ Like a fly / So why / Lady Di / Did you have to die?“ Unterzeichnet waren die Verse mit „Dieter Bohlen“, und von beiden angeblichen „Stimmen zum Tod“ hieß es, sie seien „zusammengestellt von Wiglaf Droste“ – genauer: von ihm frei erfunden.

Dies aber schien Reiner Oschmann, den Chefredakteur des sich selbst „sozialistische Tageszeitung“ nennenden PDS-Vereinsorgans, seltsamerweise sehr zu wurmen. Er verlangte eine Gegendarstellung, obwohl er – was Droste beim Verfertigen seiner Oschmann-Parodie zwar nicht wissen konnte, aber offenbar bereits ahnte – am selben 1.September in seinem Blatt unter der Überschrift „Herzkönigin“ gedichtet hatte, „Lady Di, das schönste Gesicht des Monarchismus“, sei „auf der ebenso verständlichen wie vergeblichen Flucht vor den Bluthunden“ „zur Strecke gebracht“ worden.

Obwohl also Oschmann mit dem gefälschten Zitat im Vergleich zu seinem selbst produzierten Kitsch noch gnädig bedient war, erfolgte am 8. September die Gegendarstellung in der jungen Welt; ausdrücklich betonte die Redaktion, das Oschmann zugeschriebene Zitat stamme „selbstverständlich nicht von ihm“. Das aber reicht Oschmann noch nicht: Er verlangt vom Autor wie von der jungen Welt eine Unterlassungserklärung. Dieses Ansinnen ist reine Schikane: Für die Wiederholung des gefälschten Zitats gibt es keinen Grund, weil keinen Anlaß – selbst die von Oschmann als „St. Diana“ verehrte und von Elton John, dem Alfred Biolek der Popmusik, als „England's Rose“ besungene Diana Spencer kann nicht ein zweites Mal sterben. Und könnte sie doch, so wäre wohl eher das ein Thema komischer Betrachtung – und nicht die Wiederholung eines harmlosen, ja geradezu verharmlosenden Scherzes über einen Sozialdemokraten mit Faible fürs britische Königshaus.

Wen all das nicht ficht, ist Oschmann. Auf 90.000 Mark hat er – Hybris, o Hybris! – den Streitwert durch seine Anwälte beziffern lassen. Ostmark oder richtiges Geld, fragt man sich, aber Oschmann weiß nichts von Humor: Durch einen möglichst hohen Streitwert will er die Kosten eines ganz und gar albernen Verfahrens in die Höhe treiben. Verhandelt wird die Farce heute, am 19. Februar um 10.15 Uhr am Berliner Landgericht, Tegeler Weg 17–21, Zimmer 143.

Wie wird das Glücksspiel vor Gericht ausgehen? Wird Reiner Oschmann von seiner Liebe zu Lady Diana sprechen, ja weinen? Ist evtl. sogar Rache für die angebetete Adlige sein Motiv? Wird Elton John als Zeuge geladen sein? Und das Lied singen, das er einst für Marilyn Monroe schrieb, nach Diana Spencers Tod aber flink ein bißchen um- und passend schrieb, bis der Lady-Di-Lack fertig war? „And it seems to me / You lived your life / like a candle in the wind...“? Und pusten dann alle die Kerzen aus? Oder „lebt Diana“, wie Douglas P. Webson in seinem Buch „Die sensationellen PSI-Protokolle aus dem Todestunnel“ (Knaur) schreibt? Sind PSI-Protokolle dasselbe wie PDS-Protokolle? Und wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld, wer hat so viel Pinkepinke, wer hat so viel Geld? Christiane Sabinsen