Immerhin, das Layout der Seite ist Spitze: Thema Prostitution

■ betr.: Gentechnik-Anzeige des VCI, taz vom 16.1. 98

Wir taz-LeserInnen sind doch wohl genug aufgeklärt, als das wir auf das Blabla, „ach sind wir toll“, der Gentechnik-Anzeige hereinfallen. Macht weiter so, optimiert die Großanzeigenannahme – wenn es zum Fortbestand der taz nützlich ist. Was wäre das weltpolitische Leben ohne taz in unserem Deutschland. Ich erinnere mich noch an eine Uraltanzeige der taz: Im Vergleich zu uns sind alle anderen gleich! Ihr seid Euch treu geblieben. Das wird auch weiterhin so sein. Also ran an die Großanzeigenkunden. Wilfried Böhling, Stade

Mich störte die Anzeige nicht, aber sie ist aufgefallen. Es spricht für die Offenheit der Zeitung. Es kann sich ja jeder seinen Teil zu der bunten Wiese denken. [...]

Zudem ein Lob für die Zeitung. Ich tausche sie mit einer Nachbarin täglich nach der Lektüre gegen die Süddeutsche. Wir stellen beide fest, daß die taz eine echte Alternative zu einer „normalen“ Zeitung ist. Gerade weil nicht ideologische Scheuklappen immer schon von vornherein bestimmen, wer gut und wer böse ist. Heiko Bauer, Erlangen

Auch wenn ein Teil Eurer (humorlosen) LeserInnen mal wieder schäumen wird: Die Veröffentlichung der Anzeige ist kein „Angriff auf die Sittenwidrigkeit“. Wer so wenige Argumente wie die Chemie-Industrie hat, der soll auch die Chance bekommen (gegen Bargeld), dieses öffentlich zu machen.

In diesem Sinne: weiter so! Veröffentlicht weiterhin solche Anzeigen, damit jedeR sieht und liest: „Die haben ja noch weniger Argumente, als ich dachte.“ Patre Schulz, Frankfurt/Main

Mit großem Ärger habe ich zur Kenntnis nehmen müssen, daß die taz dem VCI fast eine ganze Seite verkauft hat, um für die Gentechnik zu werben. [...]

Ich weiß, daß die taz immer unter Ebbe im Geldbeutel leidet und eine Anzeige dieser Größe im redaktionellen Teil eine erfreuliche Einnahme darstellt. Ich war allerdings, als langjähriger Abonnent, bisher der Meinung, bei dieser „anderen Tageszeitung“ gehe es nicht nur um den „schnöden Mammon“ zum Wohle von Aktionären oder Inhabern, sondern hier spielten auch gewisse moralische und ethische Grundeinstellungen eine Rolle – scheinbar nicht mehr.

Sollten derartige Anzeigen weiterhin erscheinen, werde ich meine Konsequenzen daraus ziehen. Eine Anzeige der unter Imageproblemen leidenden Bundeswehr, in der blumig für „friedensstiftende Kampfeinsätze“ in Irak, Afghanistan oder sonstwo geworben wird: Genossenschaftsanteil gekündigt. Eine Anzeige von Hans-Olaf, die darlegt, wie die Wohltäter des Landes durch Politik und ständig krankfeiernde Arbeitnehmer an den Rand des Ruins gebracht werden: Einzugsermächtigung gekündigt, Zahlung vierteljährlich gegen Rechnung. Spätestens bei einem Spendenaufruf Röders zugunsten des „Bernsteinlandes“: Abo-Kündigung. Die taz hätte dann sicherlich viele Anzeigen, aber kaum noch Leser. Dieter Wutzer, Pressath

Auf immerhin einer dreiviertel Seite verbreitet sich da auf Seite 7 die chemische Industrie in einer Anzeige über die angeblichen Wohltaten von Bio- und Gentechnologie. [...] Dies kann ich nicht unkommentiert hinnehmen.

Gentechnologie bietet mitnichten die in der Anzeige propagierten Chancen für Medizin und Landwirtschaft, sondern ist vielmehr Teil eines lebensverachtenden Forschungs- und Ausbeutungssystems, das alles Lebendige allein der Logik industrieller Produktion unterwirft. Gerade im Bereich der Landwirtschaft zielen 80 Prozent der Forschungen auf die Entwicklung sogenannter Pestizidresistenzen ab. Und dies nicht etwa zur Sicherung der Nahrungsgrundlagen angesichts steigender Bevölkerungszahlen, wie es die Gentech-Lobby immer wieder scheinheilig zum besten gibt, sondern um durch die Kombination aus gentechnisch auf Pestizidresistenz getrimmten Pflanzen und firmeneigener Giftspritze nun auch den Saatguthandel unter die Kontrolle einiger weniger Agrochemiekonzerne wie Monsanto, Novartis oder AgrEVO zu bringen. Der Bedarf an Gentech-Pflanzen mit erhöhtem Nährstoff- und Vitamingehalt ist konstruiert und entspringt industriellem Wunschdenken: Die tatsächlichen Ursachen des Welthungers liegen im exorbitanten Fleischkonsum der reichen Industrieländer, weshalb den Menschen im Süden die Anbauflächen zur Deckung ihres eigenen Nahrungsbedarfes fehlen. Im weiteren sind die durch Steuergelder finanzierte Vernichtung landwirtschaftlicher Überproduktion beziehungsweise deren Verscherbelung zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt für das tägliche Massensterben verantwortlich zu machen!

Offengestanden habe ich der taz mehr Kritikbewußtsein bei der Auswahl ihrer Anzeigenkunden zugetraut. Petra Menke

Bravo taz! Wann kann man weitere Anzeigen, zum Beispiel der Rüstungsindustrie oder der Atomindustrie, erwarten?

Sicher hat uns auch Herr Rühe einiges über nichtexistierenden Neonazismus in der Bundeswehr per Anzeige zu erzählen. Oder warum sollte nicht Herr Kanther für seine Abschiebepolitik werben dürfen? [...] Carsten Hahn, Tübingen

Warum druckt die taz Werbung der chemischen Industrie für den Einsatz von Gentechnik ab? Ohne wenigstens einen informativen, kritischen Artikel zu diesem Thema danebenzusetzen?

Ist die taz auf Werbeeinnahmen von der chemischen Industrie angewiesen? Für uns war die taz bisher die linke, ökologisch orientierte Alternative zu anderen überregionalen Tageszeitungen; mit solcherlei Anzeigen verliert sie an Glaubwürdigkeit. Simone Egger, Wiebke [unleser-

lich], Kristina Fennekohl,

Dottenfelderhof, Bad Vilbel

Finde den Abdruck der Anzeige der chemischen Industrie bezüglich Gen- und Biotechnologie in der taz einen ziemlichen Fehlgriff. Halte ich auf Dauer für politisch nicht tragbar und werde das Probeabo mit ziemlich bitterem Beigeschmack antreten und bei Wiederholung auf gar keinen Fall verlängern. Stefanie Kratzsch

Erst dachte ich noch, ich sei mal wieder zu blöd, eine besonders raffinierte Art von Satire nicht zu verstehen – oder Ihr wollt Eure Leser/ innen in der Art versuchen zu provozieren, ob sie überhaupt noch irgend etwas merken (?) – doch ich fürchte fast, meine Erkenntnis stimmt, daß Ihr in dem Bestreben, Knete für Euer Unternehmen zu bekommen, nun gar keine Hemmungen politischer oder gar moralischer Art mehr habt.

[...] Wann darf ich Werbung für Atomkraftwerke oder diese tollen, den Wirtschaftsstandort Deutschland so vortrefflich stärkenden Landminen lesen (nach Herstellerangaben tun die ja den Menschen nix, nur den „bösen“ Panzern)?

Immerhin, das Layout dieser Seite ist schon absolute Spitzenklasse, Thema Prostitution...!

Bin wirklich froh, daß ich nicht meine Überlegungen in die Tat umsetzte, Genossenschafter Eurer Zeitung zu werden, ich würde mich wirklich schämen. Hoffe, es kommt eine wirklich befriedigende Erklärung (vielleicht haben Euch ja Terroristen gezwungen, diese Anzeige zu schalten oder so ähnlich...) oder eine überzeugende Distanzierung, ansonsten habt Ihr einen treuen Abonnenten weniger. Traugott Redieck, Lübeck

Du bist jetzt wohl von allen guten Geistern verlassen?! Schlimm genug, daß du (vor längerer Zeit) ganzseitige Anzeigen der Lufthansa abdruckst, in denen die Mär vom 3,5-Liter-Flugzeug verbreitet wird, obwohl auch heute im Durchschnitt real noch zirka 61/100 Personenkilometer in die Luft geblasen werden. [...] Aber welcher Teufel reitet dich, diese schwachsinnige Anzeige der chemischen Industrie abzudrucken?

Bei der Aids-Bekämpfung mag die Gentechnik ja noch zweifelhafte Hoffnungen wecken, aber was sind die für den normalen Patienten wert, der sich die sündhaft teuren Medikamente nicht leisten kann? Bisher hat die chemische Industrie noch mit jedem Wundermittel (wie zum Beispiel Heroin, Contergan etc.) einen gnadenlosen Reibach gemacht und die (sicherlich unbeabsichtigten) Folgen so lange wie möglich vertuscht, warum sollte das gerade bei der Gentechnik anders sein?

In Sachen Nahrungsmittelpflanzen sind die angepriesenen Ziele reiner Humbug: Es gibt beziehungsweise gab eine Vielfalt von regional gut angepaßten Nahrungspflanzen, die durch die Forcierung der industriellen Landwirtschaft zerstört wird. Gerade der Einsatz von Chemie verschlechtert den Nährstoff- und Vitaminreichtum, statt dessen werden sie mit immer mehr giftigen Chemikalien angereichert. Die Selbstversorgung insbesondere in den sogenannten Entwicklungsländern nimmt, ab, die ehemaligen Kleinbauern werden arbeitslos verelenden etc. Hast du das alles vergessen, liebe taz? Werner Behrendt, Oldendorf