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Atomtransport als Wahlkampf

Castor-Proteste auch in Bayern: Am Sonntag wieder Treffen am AKW-Gleis. Die Mahnwache in Gundremmingen nötigt auch der Polizei Respekt ab  ■ Aus Gundremmingen Klaus Wittmann

Für den Sprecher der „Energiewende atomkraftfreies Schwaben“, Raimund Kamm, steckt hinter den geplanten Castor-Transporten eine „teuflische Strategie“. Im Vorfeld der Bundestagswahl, so der Ex-Grünen-Abgeordnete, werde mit Atommüll auf schlimme Weise Politik gemacht. Kamm geht davon aus, daß die derzeit völlig unnötigen Atommülltransporte bewußt jetzt terminiert wurden, um entsprechende Krawallbilder zu bekommen und damit die rot- grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen in Mißkredit zu bringen.

Die Lagerkapazitäten in Gundremmingen, in Deutschlands größtem Atomkraftwerk, reichen noch mindestens für acht bis elf Jahre, warum also jetzt diesen Atommüll nach Ahaus transportieren? Man müsse, angesichts des Terroranschlages auf den Lockerbie- Jumbo, unbedingt darauf hinweisen, daß ein solcher Atomtransport ein fürchterliches Ziel für Terroristen sein könne. Ganze Landstriche würden verwüstet, wenn da nur eine panzerbrechende Rakete abgefeuert würde.

Den für Ende März geplanten Transport dreier Super-Castoren vom neuen Typ V/52 halten die Mitglieder der Mahnwache Gundremmingen für ein „Wahnsinnsunterfangen“. Behälter, die in der Praxis nie richtig getestet wurden, mit 156 abgebrannten Brennelementen auf die Schiene zu schicken sei unverantwortlich, findet Koni Link, der schon mehrfach wegen seiner gewaltfreien Blockadeaktionen verurteilt wurde. Link wird wegen seiner zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafe aus früheren Aktionen nicht dabeisein, wenn nach einer gemeinsamen Vesper und einem Schienengottesdienst am Sonntag einige Atomkraftgegner – allen Auflagen zum Trotz – die Aktion „Ausrangiert“ starten werden. Mit bloßen Händen werden sie dann wieder Schottersteine vom Privatgleis zum AKW Gundremmingen wegräumen.

Ein eher symbolischer Akt des Widerstandes, der freilich bei Gericht schon entsprechende Drohungen provoziert hat. Als der Memminger Richter Manfred Worm vergangenen Dezember mehrere Mitglieder der Mahnwache zu Bewährungsstrafen verurteilte, kündigte er bereits an, er werde, „wenn noch mal irgend was läuft, was nicht ganz im Rahmen des Legalen ist“, hart durchgreifen. Dem Mahnwachemitglied Volker Nick drohte Worm an, daß er ihm in einem solchen Fall eine Freiheitsstrafe von nicht unter sechs Monaten aufbrummen werde, die nicht zur Bewährung ausgesetzt würde (siehe Interview).

Bei einem Treffen im zuständigen Landratsamt Günzburg kündigten einige Mitglieder der Mahnwache ganz offen die für kommenden Sonntag geplanten Aktionen an; ebenso die für die darauffolgende Woche geplante Demonstration. Neben dem Chef des Ordnungsamtes waren auch Beamte des Führungsstabes der Polizei, der Staatsschutzabteilung und der Chef des Atomkraftwerks Gundremmingen dabei.

Diese Konsequenz der Mahnwachemitglieder, ganz offen auf ihre Aktionen hinzuweisen, nötigt auch den beteiligten Beamten Respekt ab. Hubert Obermayer, der Leiter des polizeilichen Führungsstabes und stellvertretende Polizeichef der Polizeidirektion Krumbach, meint, man könne sich auf die Ankündigungen und die Zusicherungen der Mahnwache verlassen. Mit ihren gewaltfreien Aktionen würden sie auf ihre Weise Öffentlichkeitswirkung erzielen wollen. „Wir bemühen uns, diese Öffentlichkeitswirkung nicht durch polizeiliche Maßnahmen zu torpedieren, um nicht die Neigung zu fördern, unter Umständen andere – möglicherweise gar militante – Aktionen durchzuführen.“

Ausrangiert: am 8. März ab 10 Uhr Vesper auf dem Privatgleis des AKW, Demo am 15. März in Günsburg ab 14 Uhr Bahnhof, ab 20. März Präsenz und Blockadeversuch. Kontakt: Mahnwache Gundremmingen, Carl-Kabat-Haus, Schulstr. 7, 73557 Mutlangen 07171-74263, Fax 796384

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