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Schwarze Schafe unter Hunden

■ Hundesportler haben es gern, wenn die Tiere ihre Triebe beherrschen können Von Christoph Ruf

Mit angespannten Muskeln und hechelnder Zunge steht Nick in voller Erwartung vor dem Hindernis. Nick ist ein Schäferhund, der sich noch etwas gedulden muß. Sein Frauchen kennt da keinen Spaß, erbarmungslos kommt das „Sitz!“. Als endlich ein „Hopp!“ erfolgt, ist Nick nicht mehr zu halten: Ein kurzer Spurt, ein Satz und schon hat er den zwei Meter hohen Holzverschlag überwunden.

„Es geht darum, die natürlichen Anlagen des Hundes in die richtigen Bahnen zu lenken“, sagt Anka-Brigitta Hackmack, „das Tier muß lernen, seine Triebe zu beherrschen.“ So einfach klingt das, wenn die Vorsitzende des Rissener Vereins für Deutsche Schäferhunde erklärt, welche pädagogischen Ziele hinter den scheinbar spielerischen Übungen stecken.

Alleine in Hamburg gibt es über 40 Hundesportvereine mit insgesamt etwa 2400 Mitgliedern. Während bei den „Gebrauchshunde-Vereinen“, deren Mitglieder meist Mischlingshunde halten, der Spaß im Vordergrund steht, geht es bei den Rassehunden leistungsorientierter zu. Um bei den zahlreichen Wettkämpfen einen Pokal zu ergattern, muß zielstrebig trainiert werden. Übung macht auch bei Hunden den Meister.

Die Rissener vertrauen dabei auf ein altbewährtes Konzept. „Nach der Begleithundprüfung sollten die Tiere verkehrs- und umweltsicher sein“, umreißt Hundefreundin Hackmack Stufe eins, „sie springen dann nicht mehr hinter Fremden her.“ Vor allem Jogger und Radfahrer wissen das zu schätzen. Mit 18 Monaten darf der Vierbeiner das sogenannte „Schutzhundtraining“ absolvieren, die zweite Phase ist erreicht.

Die Übungen für Fortgeschrittene sind vielfältig. Sie dürfen an einer zehn Meter langen Leine eine Fährte verfolgen, die eine Stunde vorher gelegt wurde oder lernen das „Revieren“. Hierbei versteckt sich ein „Figurant“, ein mit bißfestem Handschuh geschützter Freiwilliger, hinter einem Hindernis. Obwohl der pfiffige Hund den Standort des vermeintlichen Bösewichts genau kennt, darf er nicht einfach losjagen. Er muß seinen Fangtrieb hintanstellen und zuerst alle anderen potentiellen Verstecke nach weiteren Komplizen absuchen. Erst dann darf er den Unhold verbellen, der, sobald dieser sich bewegt, mit einem Biß in den Handschuh zu rechnen hat. Solch disziplinierte Exemplare gehen zu Bundesgrenzschutz oder Polizei; einige werden auch als Suchhunde eingesetzt.

Doch insbesondere die Ausbildung zum Schutzhund ist Ursache für „viele Vorurteile, mit denen Hundesportler zu kämpfen haben“, klagt Hackmack. Doch auch sie gibt zu, daß es unter den Hundehaltern „viele schwarze Schafe gibt“. Eine Erfahrung, die Annette S. aus Osdorf bestätigen kann. Jahrelang war sie mit Betty und Sabrina auf Hamburgs Hundeplätzen unterwegs. Ihr Fazit: „Erschreckend viele Hundehalter reagieren ihre Komplexe an den Tieren ab.“ Nicht selten würden die Hunde an Würgehalsbändern geführt.

Dabei hatte sie viele Lokalitäten nur von außen gesehen: „Viele Vereine nehmen nur reinrassige Hunde auf.“ Schlechte Karten für ihre beiden Mischlinge. Daß dieser Standesdünkel üble Auswüchse treibt, hat sie auf einem Altonaer Hundeplatz erfahren: „Als einmal zwei farbige Männer am Platz vorbeigingen, begrüßte sie ein Ausbilder unter johlendem Gelächter der Umstehenden als unsere Einmal-Figuranten“.

Dennoch sei die Gesamtentwicklung im Hundesport eher positiv, behauptet Anka-Brigitta Hackmack. Schwarze Schafe seien nicht nur unter ZüchterInnen anzutreffen: „Das ist wie bei der Kindererziehung. Es kommt auch bei Hunden darauf an, ob man sie als Lebewesen mit einem eigenen Charakter oder als willfährige Spielzeuge ansieht.“

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