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Beckenbauer böse blamiert

■ Nach Bayerns 0:0 gegen Bochum bewahrt Trainer Trapattoni natürlich die Contenance

München (taz) – Oliver Kahn, Torwart des FC Bayern München, dürfte sich geschmeichelt gefühlt haben von all dem, was die Anhänger beim Torlos-Unentschieden im Olympiastadion gegen den VfL Bochum so sangen. Zumindest teilweise. Beim sozialkritischen Schlager „Scheiß-Millionäre“ war zwar auch er vom Spott nicht ausgenommen, dafür erklärten die Fans in ihrer neuesten Liedzeile „Außer Olli dürft ihr alle gehn“, daß sie ihm als einzigem nicht sofort kündigen würden.

Wie das wäre, wenn man in München endlich alle Geschicke Kahn überließe, ist in den letzten 20 Minuten des Auftritts anschaulich geworden. Da war Kahn nämlich der einzige FC-Bayer, der noch im Akkord arbeitete. Zum Glück kam er bei seinen Abwehrversuchen zu günstigen Ergebnissen, sonst wäre der Dienstgang für den Meister noch bitterer geworden, als er es ohnehin schon war. Kahn jedenfalls zeterte: „Ich habe für alles Verständnis, aber nicht dafür, daß der Gegner fünfmal allein aufs Tor geht.“

Dabei war es eigentlich ein richtig lustiges Spiel, wenn man bedenkt, was alles daraus hätte werden können. Bei besserer Chancenverwertung wären möglich gewesen: ein 5:0 für Bayern, ein 5:0 für Bochum, ein 5:5 nach 5:0-Pausenführung der Bayern. Schade nur, daß auf das Rasen-Entertainment nicht noch so ein schöner Schimpfmonolog von Bayern- Trainer Giovanni Trapattoni folgte, wie der ihn am Dienstag hatte hören lassen. Der sagte rätselhafterweise nur: „Die Mannschaft hat gut reagiert.“

Einziger Polterer blieb Präsident Franz Beckenbauer: Die Darbietung kürte er zum „Blamabelsten, was ich im Olympiastadion je gesehen habe“. Blöd auch, daß Sportsfreund Mario Basler in den nächsten vier Wochen als Querulant und Flankengeber ausfällt. Der war dermaßen engagiert und aufgedreht die Seitenlinie rauf und runter gerannt, daß man, als er nach einer Viertelstunde nach dem Krankenwagen brüllte, spontan auf Ermüdungsbruch tippte (ein wunderbarer Scherz, d. Red.) Echte Mediziner korrigierten auf Kapselriß im Sprunggelenk.

Immerhin wurde es später noch mal komisch, als irgendein Witzbold bei Manager Uli Hoeneß nachfragte, ob der Titel denn nun noch zu gewinnen sei. „Jetzt von der Meisterschaft zu sprechen“, antwortete Hoeneß ganz richtig, „wäre frivol.“ Thomas Hahn

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