: Akuter Fall von Strunz
■ Mit dem 0:1 gegen Hamburg scheitert bei Karlsruhe auch das Kartoffelsuppenkonzept
Karlsruhe (taz) – Vor zwei Wochen war es schon einmal so weit. 2:5 hatte der Karlsruher SC da verloren im eigenen Stadion gegen die Borussia aus Mönchengladbach, und Präsident Roland Schmider hatte schließlich gefunden, daß es höchste Zeit sei, alle zusammen wieder einmal eine echt badische Kartoffelsuppe essen zu gehen. So hatten sie es ja immer gemacht in den letzten Jahren, wenn Dinge anders gelaufen waren, als eigentlich geplant: Suppe essen, Tacheles reden – und einfach wieder gewinnen.
Wenn's nur so einfach wäre im nackten Kampf ums Überleben. Am Samstag, nach der neuerlichen Heimpleite, diesmal mit 0:1 gegen den Sportverein aus Hamburg, beschlich Schmider jedenfalls das Gefühl, daß alle Kartoffelsuppen dieser Welt dem KSC derzeit nicht weiterhelfen können. „Die Lage ist so ernst“, stieß Schmider gequält hervor, „da nutzen auch Aussprachen nichts mehr.“
Das Schlimmste daran ist, daß die Badener ausgerechnet in der Stunde höchster Not befallen wurden von einer schlimmen Fußballer-Epidemie: Der KSC hat Strunz, in beängstigend akutem Fall sogar. „Einige haben nicht gekämpft“, diagnostizierte Winfried Schäfer, der Trainer, was eine trostlose Feststellung ist für Kicker im Abstiegskampf. Dort, wo die Wahrheit liegt, auf dem Platz also, äußerte sich das Krankheitsbild in verheerendem Ausmaß: Vorne nichts, hinten nichts, dazwischen der in einer tiefen Schaffenskrise befindliche Thomas Häßler, und ein Guido Buchwald, dem man diesmal anmerkte, daß die drei Bundesligapartien in Serie doch Spuren hinterlassen haben an seinen 37jährigen Gebeinen.
Ganz schön bitter ist das, und ungewohnt hilflos klang diesmal auch der Trainer, dessen Kopf diesmal noch lautstärker gefordert wurde von der aufgebrachten Menge, auch wenn sich der Präsident zu solchen Dingen öffentlich schon gar nicht mehr äußern mag. „Es ist komisch, daß wir immer dann, wenn wir eine Chance haben, da unten rauszukommen, nicht gewinnen“, sprach Schäfer die letzten vier Partien an, in denen der KSC auswärts in Kaiserslautern und Wolfsburg zwar punktete, zu Hause aber versagte. Den Grund hierfür scheint auch er nicht zu kennen, nach ihm zu fahnden wird dringlichste Aufgabe sein. Sonst hat der KSC in der Bundesliga ganz schnell fertig. Frank Ketterer
Hamburger SV: Butt – Schnoor (4. Molata) – Panadic, Hertzsch – Böger, Gravesen, Dembinski (86. Trejgis), Zeyer, Hollerbach – Yeboah (90. Weetendorf), Salihamidzic
Zuschauer: 27.200
Tore: 0:1 Panadic (60.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen