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Unterm Strich

Kann eine Debatte eine Denkpause haben? In der Regel ist es ja so, daß ein Beitrag einen anderen evoziert. Dann wäre der Sinn einer Debatte allerdings ihre Unabschließbarkeit. Unterbrechen gilt nicht. In der Debatte um das geplante Holocaust-Mahnmal für die ermordeten Juden Europas macht sich indes immer stärker das Bedürfnis bemerkbar, zu einem Ende zu kommen. Andreas Nachama, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde von Berlin, hat sich nun für eine Denkpause ausgesprochen. Nachama kritisierte laut der Berliner Zeitung Tagesspiegel die Beliebigkeit der Entwürfe. „Ein Holocaust-Mahnmal muß so sein, daß es eine breite Zustimmung findet.“ Es dürfe nicht dazu kommen, daß in zehn Jahren niemand das Mahnmal verstehe. Nachama plädiert für Abwarten und schlägt die Einrichtung eines Provisoriums vor. Nachamas Meinung ruft nach weiteren Stimmen, wetten? Von wegen Denkpause.

Unterdessen hat sich beispielsweise Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth für eine rasche Entscheidung stark gemacht. Ein weiteres Hinauszögern der Entscheidung wäre unverantwortlich, sagte Süssmuth der Berliner Zeitung. „Ich sehe die Gefahr, daß in dieser Situation diejenigen Kräfte Auftrieb erfahren, die sich grundsätzlich gegen das Erinnern, gegen die aus der Vergangenheit erwachsende Verpflichtung für eine politische und gesellschaftliche grundlegende Neuordnung in Gegenwart und Zukunft stemmen.“

Die Begegnung von deutschen und ungarischen Autoren steht im Mittelpunkt der diesjährigen Frühjahrstagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. „Warum bau'n wir nicht die gleichen Barrikaden der Ideen“ (Endre Ady) heißt das Thema des Treffens vom 23. bis 25. April in Budapest. Die Frühjahrstagung wird am Abend des 23. April von László Földenyi mit seinem Vortrag „Reist nach Budapest und werdet wieder Berliner! Deutsch-ungarische literarische Begegnungen“ eröffnet, an den sich ein Gespräch mit Ivan Nagel anschließt. Im Rahmen der Veranstaltung gibt es Lesungen mit Zsofia Balla, Friederike Mayröcker, Peter Esterházy, Imre Kertész und George Tabori. Ferner findet ein Gespräch zwischen Peter Nadas und Martin Walser statt.

Hat er nun oder hat er nicht? Der russische Präsident Boris Jelzin hat das umstrittene „Beutekunst“- Gesetz entgegen den Angaben eines Beraters noch nicht unterzeichnet. Das meldete die Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch unter Berufung auf die Kanzlei des Präsidenten. Jelzins Vertreter im Verfassungsgericht, Sergej Schachrai, hatte am Vorabend erklärt, Jelzin habe das Gesetz unterschrieben und es gleichzeitig mit einer Eingabe an das Verfassungsgericht angefochten. Den neuen Angaben des Kremls zufolge mußte Jelzin das Gesetz gestern in Kraft setzen. Das Verfassungsgericht hatte den Präsidenten verpflichtet, das Gesetz zu unterzeichnen.

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