Pinsel ausgerutscht

■ Harburg: Aus zwei Spuren mach drei und spar dabei /Busspur mit Schönheitsfehlern Von Heike Haarhoff

Von einem „kleinen Mißverständnis“ – wie es die Harburger Tiefbauabteilung ausdrückt – will Gerhard Annen nichts wissen. Nach 37jähriger Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr in Marmstorf ist er bestens im Bild, wieviel Platz ein Löschfahrzeug auf der Straße braucht: „Die nötige Breite für Laster ist auf der Winsener Straße nicht mehr gegeben, seit es da die Bussonderspur gibt.“ Der Harburger zog seine Konsequenzen. Vergangene Woche erstattete er Anzeige „gegen die Behörden, die hier auf Kosten der allgemeinen Sicherheit die Fahrbahnen nicht breit genug gemacht haben“.

Aus den bisher zwei Spuren wurden drei, als vor einer Woche die Busspur eingerichtet wurde. Jetzt ist es eng geworden auf der Bundesstraße von Winsen nach Harburg. Gerhard Annen war „den Verkehrssünden der Tiefbauabteilung“ mit dem Zollstock auf der Spur: Danach verbleiben 2,78 Meter für Autos und 2,90 Meter für Busse. Mindestens drei Meter für „normale“ Fahrbahnen und gar 3,25 Meter Breite für die Bussonderspur hätten es aber sein müssen. Nachzulesen in den „Planungshinweisen für Stadtstraßen“, die die Straßengestaltung verbindlich regeln.

„Der Bezirk war zu geizig, die Straße insgesamt zu verbreitern, und demnächst wird es dann knallen, weil die Fahrzeuge nicht mehr aneinander vorbeikommen“, sieht der Feuerwehrmann schwere Verkehrsunfälle schon förmlich heranrollen. Diese Fahrlässigkeit läßt sich die Tiefbauabteilung nur ungern vorwerfen. Schließlich schuf sie die 60.000 Mark teure Bussonderspur, um sich später rühmen zu können, den öffentlichen Verkehrsmitteln zu schnellerem Durchkommen auf der stets verstopften Straße und damit zu mehr Attraktivität verholfen zu haben.

„Es handelt sich um einen Ausführungsfehler kleinerer Art“, versucht Tiefbauer Walter Rehrmann, alle Kritik auf ein „Mißverständnis“ zu reduzieren. Die drei Spuren seien nämlich „in Wirklichkeit“ jeweils drei Meter breit. Das entspreche zwar nicht ganz der Norm, aber „mehr gibt die Straße nicht her“. Sonst wären Fuß- und Radwege schmaler und die Baukosten höher. „Der Anwohner“ habe an einem „ganz kurzen Abschnitt“ gemessen, der nicht für die Gesamtstrecke repräsentativ sei. „Glücklicherweise“ sei so aber frühzeitig ein Fehler entdeckt worden, „den wir sonst erst bei der Bauabnahme nächste Woche bemerkt hätten“, bedankt sich Walter Rehrmann artig: Beim Aufmalen der weißen Trennungslinien auf die Fahrbahn sei den Arbeitern wohl „der Pinsel ein bißchen zur Seite gerutscht“. Deswegen „variierten die Spurbreiten zum Teil erheblich.“ Das sei am Montag aber korrigiert worden. Für den Bezirk ist das Problem damit aus der Welt. Für Gerhard Annen nicht: „Alles nur Beschwichtigung.“ Er will lieber warten, was aus der Anzeige wird. Und derweil brettern weiterhin täglich 30.000 Fahrzeuge die Winsener Straße entlang.