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Angst vor Matjes mit Schokolade

■ Auf der Suche nach der Lieben Sünde und Wa(h)ren Liebe bei Bremens größtem Medien-Hype seit Michael Jackson: Erotik bei „Hot Choc“

Nein, verrucht ging es nicht gerade zu im Überseemuseum. Hinter den lüsternen Kameraaugen sämtlicher einschlägiger Erotik-Magazine blieb denn auch ein fahler Eindruck von „des Kaisers neue Kleider“zurück. Immerhin waren neun (!) Kamerateams nach Bremen geeilt – von „Peep!“bis „Blitz“, von „Liebe Sünde“bis zu „Pro 7“– um Männer zu filmen, die süßen Modells Schokolade von den Astralleibern schleckten.

Stattdessen gab es bei „Hot Choc – Schokolade und Erotik“nur ein paar Oberkörper-nackte Männlein und Weiblein mit dezenter Schokoglasur und eine eher bescheidene Foto-, Duft-, und Musikinstallation zu bestaunen. Das war Radio Bremen genug, am Montag die buten un binnen-Gemeinde mit einer Live-Schaltung vom größten Bremer Medienevent seit Michael Jackson zu beglücken.

Die Sponsoren, an der Spitze die Schokoladen-Mixer von Hachez, wird es gefreut haben. Und die Schirmherrin der Veranstaltung, die inklusive auftoupiertem Silberhaar ungefähr zweieinhalb Meter große Hamburger Transvestie-Queen Olivia Jones, schaffte einen weiteren Schritt zur Prominenz einer Lilo Wanders.

Damit keine Mißverständnisse aufkommen: „Kunst ist das nicht“, beteuerten die Macher, der Fotograf Frank Neßlage und die Make-up Artistin Anja Pagel. Dabei sind die mit Kakao-Pulver quasi panierten und mit Schokoglasur überzogenen Modells auf den Fotos durchaus gekonnt inszeniert. Aber im Überseemuseum geht es darum, eine Erfahrung für alle Sinne, ein „Lebensgefühl“hervorzurufen. Dazu gehört Erotik. Denn schließlich habe schon Aztekenkönig Montezuma vor dem Besuch seines Harems kannenweise Schokoladentrunk in sich hineingeschüttet.

Um allen Sinnen etwas zu bieten, gab es bei der Vernissage nicht nur aus der Hand der bemalten Models (Couverture mit Kakaopulver gemischt. Ein Tip: Keine Butter verwenden, dann hält es besser) kleine Hachez-Täfelchen. Die Küchen-crew aus dem Übersee hatte auch ein originelles Menue gezaubert. Da gab es Lachs-Häppchen mit Schokostreuseln und Leberwurstschnittchen mit Schokoglasur. Aber auch hier zuckte man vor der letzten Konsequenz zurück: „Den Matjes mit Schokolade hat man leider gestrichen“, verriet ein Eingeweihter. J. Fahrun/

Fotos: Ausstellung

Bis 21. Mai ist Hot-Choc (ohne Live-Modells) im Überseemuseum

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